Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1704) Nicht alle Familienmitglieder hatten Glück: Zwei Cousins wurden von den Nationalsozialisten getötet: Sein Vet- ter Kurt hatte sich bis zur Tötung in Bratislava als Fluchthelfer jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger enga- giert und sein Vetter Juri kam in Budapest um [USHMM Washington]. Hindels musste trotz einer zehn- semestrigen medizinischen Ausbil- dung in den USA beruflich wieder bei Null anfangen („He had to start from scratch“) [Dental Examiner, 1999]. Er studierte nach seiner Ankunft in New York an der Columbia University aber nicht etwa Medizin, sondern Zahn- heilkunde. Er erhielt kleinere Zuwen- dungen, verdiente sich sein Studium aber im Wesentlichen „by organizing ski trips to Lake Placid and Stowe in the early 1940s, helping himself and popularizing the sport“ [Dental Examiner, 1999]. ALS PROTHETIKER ERLANGT ER ZAHNMEDIZINISCHEN RUHM Nach Kriegsende kehrte Hindels nicht wieder in die alte Heimat zurück: Er avancierte vielmehr, wie erwähnt, an der Columbia University in New York zum Professor und wurde zudem als „long-time practicing dentist“ zu einem weithin anerkannten „Specia- list in Prosthodontic Dentistry“, wie es in der „New York Times“ in einem Nachruf hieß [New York Times, 1998]. Dabei brachten ihm vor allem zwei Prothetik-Publikationen internationa- len Ruhm ein: Seine Veröffentlichung „Load distribution in extension saddle partial dentures“ (1952) erlangte in der internationalen Prothetik den Status eines Klassikers [Hindels, 1952]. Hierin forderte Hindels, dass die Ge- webeoberfläche des Prothesensattels eine negative Reproduktion der anatomisch unverzerrten Oberfläche der Alveolarschleimhaut sein sollte, um eine korrekte Lastverteilung zu gewährleisten. Außerdem sollte die Kaubelastung zwingend zwischen dem Kieferkamm und den Pfeiler- zähnen verteilt, das heißt, nicht allein vom Alveolarkamm getragen werden. Auch zur Form der Klammer- arme gab er genaue Empfehlungen. Hindels Angaben wurden in der Folgezeit auch als „Hindels-Technik“ referiert (vgl. Abb. 2) [Tic. The Den- tist 12 /10 (1953), 14]. 2001 wurde der besagte Artikel im „Journal of Prosthetic Dentistry“ in der Sonder- reihe „classical article“ erneut publi- ziert, was seine besondere historische Bedeutung dokumentiert [Hindels, 2001]. Ähnliche Beachtung fand sein 1957 veröffentlichter Beitrag „Stress analysis in distal extension partial dentures“, den er bereits 1956 vor der „Greater New York Academy of Prosthodontics“ referiert hatte. In je- nem Paper arbeitete er die Bedeutung pathologischer Kaufunktionen weiter heraus: „Masticatory stresses exerted on the base of a distal extension partial denture are transmitted to the supporting tooth through contacting parts of the appliance.“ Dies führte ihn zu der Schlussfolgerung: „Move- ment of the denture as a result of ver- tical stresses and the displaceability of the mucosa must be recognized and dealt with in tissue-borne appliances“ [Hindels, 1957]. Seine Erfolge führten zu einer Reihe von Ehrungen und Mitgliedschaften. 1954 wurde er zum Mitglied des Quelle: Tic. The Dentist 12 /10 (1953), 14 (Privatarchiv Dorothy Hindels-Brown) Abb. 2: Bericht über Hindels Prothetik-Konzept 58 | GESELLSCHAFT
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