Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1710) COVID-19 UND KREBSDIAGNOSTIK Auswirkungen der Pandemie auf Diagnostik und Therapie des Mundhöhlenkarzinoms Diana Heimes, Lena Katharina Müller, Alexandra Sonnenburg, Hendrik Naujokat, Christian Graetz, Falk Schwendicke, Maximilian Goedecke, Benedicta Beck-Broichsitter, Peer W. Kämmerer Bereits kurz nach Ausbruch der Pandemie befürchteten Ärzte, dass durch die Einschränkungen im Gesundheitswesen viele Krebsdiagnosen nur verzögert gestellt werden und sich so die Prognosen für die Betroffenen verschlechtern. Das würde insbesondere bei den schnell wachsenden Kopf-Hals-Tumoren zutreffen. Wissenschaftler der Universitäts- kliniken aus Mainz, Berlin und Kiel haben nun die Daten ihrer Einrichtungen ausgewertet. Die Ergebnisse legen nahe, dass Zahnarztpraxen eine stabilisierende Rolle in der Pandemie gespielt haben. D ie COVID-19-Pandemie stellte die Medizin vor das Problem, einerseits Patienten und medi- zinisches Personal vor einer poten- ziell tödlichen Infektionserkrankung zu schützen, andererseits aber den lebensnotwendigen Zugang zu zeit- kritischen invasiven Krebstherapien offenzuhalten. Viele befürchteten einen Einbruch der Versorgungsleis- tung im ambulanten und im statio- nären Bereich, sowohl in Bezug auf die Präventionsleistung als auch auf die Therapie maligner Läsionen. Zahlreiche Studien aus anderen Län- dern lassen eine erhöhte Inzidenz von Krebserkrankungen in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vermuten [Arduino et al., 2020; Jacob et al., 2021; Krebsregister Belgien, 2020], jedoch fehlten bislang Daten aus Deutsch- land, die eine Untersuchung des Themas ermöglichen. Mittels einer multizentrischen Kohortenstudie der Universitätskliniken aus Mainz, Kiel und Berlin, die insgesamt über 600 Patienten einschloss, wurden die Aus- wirkungen der Pandemie auf die Krankenversorgung und Krankheits- stadien bei Patienten mit Mundhöh- lenkarzinomen untersucht. Hierzu wurden Daten von Patienten gesammelt, deren Krebserkrankung während eines bestimmten Zeitraums erstdiagnostiziert wurde. Eingeteilt wurden die Zeiträume in „Lock- down“ (13.03.2020 bis 16.06.2020), „Post-Lockdown“ (17.06.2020 bis 01.11.2020) und entsprechend äqui- valente Zeiträume in den Jahren 2018 und 2019 als Referenz (Abbil- dung 1). Erhoben wurden die in der Tabelle dargestellten Parameter. Die Datenanalyse ergab insgesamt 653 Patienten mit der Erstdiagnose eines Mundhöhlenkarzinoms in den entsprechenden Zeiträumen. Die ge- poolte Analyse für alle Kliniken er- brachte eine stabile Verteilung der Patientenzahlen über die Jahre und auch in den eingegrenzten Zeiträu- men. Auch die Verteilung der Tumor- stadien zeigte sich relativ stabil mit einem Anteil von 50 Prozent hohen Stadien (UICC III und IV) zwischen März und Juni, während in der „Post Lockdown“-Zeit der Anteil hoher DR. MED. DIANA HEIMES Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer und Gesichtschirurgie – plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat Foto: Heimes Plattenepithelkarzinom 64 | ZAHNMEDIZIN

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