Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1711) Stadien gegenüber den Vorjahren leicht abnahm (50 Prozent gegenüber 59 Prozent). Die Auswertung hinsicht- lich der Zeit zwischen Erstdiagnose und Therapie zeigte einen Trend in Richtung einer schnelleren Therapie- einleitung während der „Lockdown“- Zeit im Jahr 2020 (23 Tage gegenüber 27 Tagen). Interessanterweise ver- stärkte sich dieser Effekt bei interner Diagnosestellung weiter (21 Tage) (Abbildung 2). Die aktuellen Inzidenzwerte der SARS-CoV-2-Infektionen zeigen, dass die damit verbundenen Konsequen- zen weiterhin das Gesundheitssystem und die Gesellschaft beeinflussen werden. Der Politik kommt dabei eine besonders wichtige Rolle zu, da sie einerseits mittels restriktiver ge- setzlicher Regelungen die Sicherheit von Patienten und Menschen in Heil- berufen gewährleisten, aber auch den Zugang zur medizinischen Versor- gung sicherstellen muss. Gerade die Zahnmedizin und die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zählen auf- grund des nicht zu vermeidenden Aerosolkontakts zu den besonders ge- fährdeten Bereichen in der Pandemie. Eine multizentrische Studie aus Ita- lien konnte nachweisen, dass etwa vier Prozent aller Assistenzärzte in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu Beginn der Pandemie positiv auf das SARS-CoV-2 Virus getestet wurden [Allevi et al., 2020]. Gerade solche Meldungen verstärkten die Diskussion um die Frage, welche Maßnahmen zum Schutz des Personals ergriffen werde sollten. Auf der anderen Seite weisen zahlreiche Studien auf eine höhere Vulnerabilität von Tumor- patienten gegenüber schwerwiegen- den Verläufen einer COVID-19-Infek- tion hin [Allevi et al., 2020], so dass gerade diese Gruppe, die durch die notwendigen Arztkontakte besonders gegenüber Infektionserkrankungen ex- poniert ist [Liang et al., 2020; Kutikov et al., 2020; Giesen et al., 2020], ver- stärkt geschützt werden muss. In An- betracht von 5.000 erstdiagnostizier- ten oralen Krebserkrankungen pro Jahr in den USA [Liang et al., 2020] wird aber auch deutlich, dass eine klare und systematische Regelung des Zu- gangs zur medizinischen Versorgung, einerseits im Rahmen von Vorsorge- untersuchungen, aber auch zur Durch- führung der Diagnostik und Therapie bei schon festgestellter Tumorerkran- kung einen großen Stellenwert besitzt. Kopf-Hals-Tumore gehören mit einer durchschnittlichen Verdopplungszeit von 99 Tagen zu den am schnellsten wachsenden Tumorentitäten [Sud et al., 2020]; eine verzögerte Diagnose- stellung ist mit einem signifikant schlechteren Therapieergebnis ver- bunden [Boehm et al., 2020]. Neben den persönlichen gesundheitlichen, emotionalen und sozialen Auswir- kungen einer Tumorerkrankung ist durch eine verzögerte Diagnose- stellung auch mit einem massiven Anstieg der Behandlungskosten zu Quelle: Heimes et al. Abb. 1: Einteilung der Erhebungszeiträume IN DER STUDIE ERHOBENE PARAMETER Parameter Tumor-Stadium: TNM-Klassifikation UICC-Klassifikation Zeit zwischen Erstdiagnose und Therapiebeginn Therapieform: Chirurgie Strahlentherapie Chemotherapie Palliative Therapie Diagnosetyp: Externe Erstdiagnose (Praxis, andere Klinik) Interne Erstdiagnose (klinikinternes Institut) PD DR. CHRISTIAN GRAETZ Klinik für Zahnerhaltung und Parodonto- logie, Funktionsbereich Parodontologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, Haus 26, 24105 Kiel ALEXANDRA SONNENBURG Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie, plastische Operationen, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel PD DR. DR. HENDRIK NAUJOKAT Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie, plastische Operationen, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Arnold-Heller-Str. 3, 24105 Kiel DR. MED. LENA-KATHARINA MÜLLER Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes- Gutenberg Universität Augustusplatz 2, 55131 Mainz ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. ZAHNMEDIZIN | 65

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