Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1724) IDZ-STUDIE Wie junge Zahnärztinnen und -ärzte beim Berufsstart arbeiten wollen David Klingenberger Bereits in den vergangenen beiden Heften haben wir uns näher mit dem neuen Buch „Junge Zahnärztinnen und -ärzte“ von Nele Kettler beschäftigt. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) hat über mehrere Jahre hinweg die Einstellungen der sogenannten Generation Y untersucht. Dieses Mal geht es um die Frage, wie sich junge Zahnärztinnen und Zahnärzte den Einstieg ins Berufsleben vorstellen. W ir leben heute, wie es der Schweizer Soziologe Peter Gross formuliert hat, in einer „Multioptionsgesellschaft“, die gekennzeichnet sei durch den un- aufhörlichen Versuch, „die Kluft zwischen gelebten Wirklichkeiten und erträumten Möglichkeiten zu überwinden“. Dieser Befund trifft gleichermaßen auf das Private wie auf den Beruf zu – und nicht zuletzt auf die komplexe Beziehung dieser beiden Sphären zueinander, die soge- nannte Work-Life-Balance. Die Frage nach der Balance von pri- vaten und beruflichen Belangen stellt sich in der Anfangsphase der Berufs- ausübung in besonderem Maß. In dieser Phase werden die Weichen für die Zukunft gestellt und es wird in- vestiert, nicht nur finanziell, sondern auch zeitlich und gefühlsmäßig. Da ist es wenig verwunderlich, dass auch viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte in den ersten Berufsjahren unsicher sind, welchen beruflichen Weg sie einschlagen sollen. In diesem Abwägungs- und Entscheidungspro- zess sind nämlich nicht nur solche Determinanten bedeutsam, die den zahnärztlichen Beruf direkt betreffen, sondern auch andere Lebensbereiche wollen mitbedacht sein. DREI DETERMINANTEN FÜR DIE ENTSCHEIDUNG Die neue IDZ-Monografie von Dr. Nele Kettler („Junge Zahnärztinnen und -ärzte – Berufsbild – Patienten- versorgung – Standespolitik“) ver- sucht dieses verwirrende Knäuel aus beruflichen Wegen, Umwegen und Sackgassen zu entwirren. Analytisch unterscheidet die Autorin drei über- geordnete Bereiche, die Einfluss auf die individuelle Karriereentscheidung haben: 1. Arbeitsbedingungen: Dieser Bereich umfasst alle direkt und indirekt dem Arbeitsplatz und der dort ausgeübten Tätigkeit zuzuord- nenden Determinanten. Diese sind teilweise quantifizierbar, wie etwa der Verdienst beziehungsweise das Ein- kommen oder auch die Arbeitszeiten. Doch auch Determinanten, die in der subjektiven Wahrnehmung und Bewertung sehr unterschiedlich aus- fallen können, definieren die Arbeits- bedingungen (etwa Betriebsklima, wahrgenommener Stress). 2. Familiäres und privates Umfeld: Umstände und Wünsche im privaten Bereich können sich direkt oder indirekt auf berufliche Entscheidun- gen auswirken. Sind beispielsweise Kinder vorhanden, der Partner oder die Partnerin an einen bestimmten Arbeitsplatz gebunden oder die Eltern pflegebedürftig, so werden Karriere- entscheidungen zum Teil unter Einbe- zug dieser Determinanten getroffen. 3. Persönlichkeit: Nicht zuletzt spielen Determinanten wie der Wunsch nach Selbstverwirk- lichung oder die persönliche Risiko- bereitschaft eine Rolle bei der Karriere- entscheidung. Auf der Basis dieser drei Determinan- ten entscheiden die jungen Zahnärz- tinnen und Zahnärzte über eine ganze Reihe beruflicher Aspekte und ver- suchen so, die für sie individuell stimmige berufliche Option aus der Vielfalt aller denkbaren Optionen zu entwickeln. Im Einzelnen haben sie über die folgenden Aspekte zu entscheiden: \ Wird eine berufliche Tätigkeit in der Patientenversorgung angestrebt, oder doch lieber außerhalb? \ In welchem Umfang möchte ich tätig werden? In Vollzeit oder doch besser in Teilzeit? \ Strebe ich eine Niederlassung an oder entspricht die Anstellung DR. DAVID KLINGENBERGER Stellvertretender wissenschaftlicher Direkor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln Foto: IDZ 78 | PRAXIS

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