Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1654) Mit großem Interesse haben wir die Zusammenfassung und Kommentierung des oben genannten Artikels gelesen. In der vorgestellten Studie wurden verschiedene mathematische Modelle (von einfachen Regressionsmodellen über komplexere Modelle des Maschinellen Lernens) angewandt, um Zahnlosigkeit, das Vorliegen einer nicht mehr funktionalen Dentition (weniger als 20 Zähne) oder das Fehlen von mindestens einem Zahn in zwei Querschnittsstichproben in den USA vorherzusagen. Hier- zu kamen sozio-demografische, allgemeinmedizinische und zahnmedizinische Parameter zum Einsatz. Laut Aussage der Autoren weisen die verschiedenen „KI“- Modelle eine hohe Vorhersagekraft auf; die Studie „unterstütze die Anwendung des Maschinellen Lernens“ zur Vorhersage von Zahnverlusten. Bei aller Begeisterung für die Anwendung von Techniken aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, die wir von Hause aus teilen, möchten wir jedoch zur kritischen Beurteilung und mehr Zurückhaltung mahnen: 1. Von den 11.977 Erwachsenen in den zwei untersuchten Studienpopulationen (nationale Stichprobe in den USA) waren 736 (5,3 Prozent) zahnlos, 2.663 (18,5 Prozent) zeigten keine funktionale Dentition und bei 6.919 (58,3 Prozent) Individuen fehlte mindestens ein Zahn. Die Wahrscheinlichkeit, mit einem Raten der sogenannten Mehrheitsklasse (hier also: nicht zahnlos zu sein, eine funktionale Dentition zu haben, mindestens einen fehlenden Zahn aufzuweisen) richtig zu liegen, betrug demnach 94,5 Prozent (nicht zahnlos), 81,5 Prozent (funktionale Dentition) und 58,3 Prozent (mindestens ein fehlender Zahn). Jegliche Modelle sollten sich an genau diesen Zahlen messen lassen, um ihre Nützlichkeit zu beurteilen. 2. Die besten, in dieser Studie entwickelten Modelle wiesen Genauigkeiten von 83,9 Prozent (Vorhersage Zahnlosig- keit), 75,7 Prozent (funktionale Dentition) und 76,9 Prozent (fehlender Zahn) auf: Zwei von drei der Modelle waren demnach deutlich schlechter in ihrer Vorhersage als einfach nur die Mehrheitsklasse zu raten. 3. Dies ist auch in den weiteren Metriken abzulesen: Die Falsch-Positiv-Rate betrug bei der Vorhersage der Zahnlosigkeit für das beste Modell 13,1 Prozent (also 13 Prozent der nicht zahnlosen Individuen hätten laut Modell zahnlos sein müssen – in der gesamten Bevölkerung waren allerdings nur 5,3 Prozent zahnlos!), bei der Vorhersage des Verlustes mindestens eines KÜNSTLICHE INTELLIGENZ MEHR ZURÜCKHALTUNG! Zum Beitrag „Harvard School of Dental Medicine: KI erkennt Risiko von Zahnverlust“, zm 15-16/2021, S. 35. Foto: Federico Rostagno – stock.adobe.com Leserforum 08 | LESERFORUM

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