Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18
zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1727) derung dar, wenn die Voraussetzun- gen nicht überall gegeben sind. SELBSTSTÄNDIGKEIT IST MEHR ALS NUR BEHANDELN Ein Angestelltenverhältnis biete die Möglichkeit herauszufinden, wie eine Praxis geführt wird und worauf es ankommt, sagt hingegen Benedikt Joachim. Schließlich bedeute Selbst- ständigkeit mehr als nur behandeln, nämlich auch die Praxisorganisation, das Praxismanagement und die Mit- arbeiterführung. „Das sind Sachen, die lernt man nicht in zwei Jahren. Ich finde, das muss man über einen Zeitraum begleiten. Das wird einem nicht die Wiege gelegt.“ Joachim fühlt sich wohl in der Praxis, für die er arbeitet. Dort gebe es verschiedene Schwerpunkte und er schätze die Arbeit im Team. „Ich habe die Mög- lichkeit, Fälle zu sehen, die nicht in jeder Praxis behandelt werden, kann diese begleiten oder selber durch- führen“, schwärmt Joachim. In etwa fünf Jahren möchte er sich dann auch niederlassen. „Mein Chef und ich sind uns darin einig, dass die Selbstständigkeit für mich irgend- wann ein Ziel sein wird. Da unter- stützt er mich und steht mir zur Seite – dafür bin ich ihm sehr dankbar.“ Bis dahin genießt er die Vorzüge, die die Praxis mit sich bringt, und kann sich selbst verwirklichen. Der 30-jährige Zahnarzt hat sich nach seiner Assistenzzeit aus familiären und beruflichen Gründen bewusst für eine Anstellung bei den Zahnärzten am Jägertor in Potsdam entschieden, um mehr Berufserfahrung zu sam- meln. „Nach der Assistenzzeit hat ein junger Zahnmediziner noch zu wenig Berufserfahrung gesammelt. Ich finde nicht, dass man nach so kurzer Zeit in einem neuen Terrain ausreichend Erfahrung hat, eine Praxis selber zu führen“, erklärt er. Weitere Aspekte seien die Pandemie und die finan- zielle Situation. Es fehle zu dem Zeitpunkt schlicht noch am nötigen finanziellen Volumen, um eine Praxis aufzubauen. ES KOMMT AUF DIE PRAXIS AN Joachim sind auch Fälle von jungen Kolleginnen und Kollegen bekannt, die weniger Glück mit der Praxiswahl hatten. Er weiß von einem jungen Zahnarzt, der am Existenzminimum leben muss, weil er zu wenig verdient. Andere müssten so viel arbeiten, dass sie verschlissen werden, berichtet er. „Als Frau wird man wegen der Mög- lichkeit der Schwangerschaft erst gar nicht eingeladen.“ Auch von einigen Medizinischen Versorgungszentren hat er bisher nichts Gutes gehört: „Sie haben wirklich familienunfreundliche Bedingungen, weil sie durchgehend geöffnet haben. Als Familienvater möchte man nicht nachts um drei Uhr arbeiten müssen.“ Andere Zahn- ärzte seien dort unterfordert, weil sie nur „zum Füllungen machen“ einge- stellt wurden. FAZIT Die Wahl zwischen Niederlassung oder Angestelltenverhältnis scheint eine individuelle Entscheidung zu sein, die zur jeweiligen Lebenslage passen muss. Ferner spielen die Ar- beitsbedingungen, die Persönlichkeit und das familiäre Umfeld eine wich- tige Rolle. Viele junge Zahnärztinnen und Zahnärzte bevorzugen erst ein Angestelltenverhältnis, später dann die Niederlassung. Das eine schließt das andere ja nicht aus. ak Foto: privat Der gebürtige Schwabe Benedikt Joachim ist über den Fechtsport zur Zahnheilkunde gekommen. Er hat 20 Jahre lang auf Leistungssportniveau gefochten. Durch einen Zahnarzt aus seinem Verein hat er die Zahnmedizin kennengelernt und ist auf den Geschmack gekommen. „Es war diese Kombination zwischen Mensch, Medizin, Handwerk und Kunst“, erklärt er. PRAXIS | 81
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=