Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 111, Nr. 18, 16.9.2021, (1730) Es gelang die vollständige Entfernung aller Raumforderungen bei Erhalt der Fazialisfunktion. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Die histopathologische Beurteilung ergab einen bifokalen Warthin-Tumor der Glandula parotis links und eine multi- fokale noduläre onkozytäre Hyper- plasie (MNOH) der Glandula sub- mandibularis und der Glandula sub- lingualis. Der Patient befindet sich seither im regelmäßigen Recall und zeigte bis dato keinen Anhalt auf ein Rezidiv. DISKUSSION Von den gutartigen Speicheldrüsen- tumoren – wie dem in diesem Fall beschriebenen Warthin-Tumor – und dem pleomorphen Adenom lassen sich maligne Tumorentitäten wie bei- spielsweise Mukoepidermoidkarzinome oder Azinuszellkarzinome abgrenzen. Diese imponieren in der Klinik vor allem durch infiltratives Wachstum und eine damit einhergehende Schä- digung des N. facialis. Außerdem sind Ulzerationen der Haut sowie die nicht-vorhandene Verschieblichkeit der Haut über dem Tumorgebiet Hin- weise auf ein malignes Geschehen. Der Warthin-Tumor, veraltet auch pa- pilläres Cystadenoma lymphomato- sum oder Adenolymphom genannt, ist nach dem pleomorphen Adenom die zweithäufigste gutartige Neoplasie der Glandula parotis [Eveson, 1999]. Er befällt fast ausschließlich die Parotisdrüse (meist oberflächlich am unteren Pol) und nur gelegentlich die periparotidealen Lymphknoten. Zu sechs Prozent ist auch die Ohr- speicheldrüse der Gegenseite betrof- fen. Eine klinische Manifestation an anderer Stelle ist selten [Palma et al., 2009]. Der Warthin-Tumor macht etwa 20 Prozent aller erfassten Parotis-Tumo- ren aus und entsteht meist im Alter von 60 bis 70 Jahren, vermehrt bei Männern (Verhältnis männlich/weib- lich 3:1) [Donath und Ussmüller, 2020]. Außerdem besteht bei Rauchern ein erhöhtes relatives Risiko, an Wart- hin-Tumoren zu erkranken [Cadier et al., 1992]. Warthin-Tumore stellen sich für gewöhnlich als schmerzlose, gut abgekapselte, prall-elastische, verschiebliche Raumforderungen, häufig mit fluktuierendem Tast- befund, dar [Riede und Weyer, 2009]. Zur Standarddiagnostik zählen Sono- grafie, Computertomografie und die Magnetresonanztomografie. Bildmorphologisch sind Warthin-Tu- more von einer Kapsel umschlossen und erreichen durchschnittlich eine Größe von 3 bis 4 cm [Donath und Ussmüller, 2020]. Im CT zeigen die Raumforderungen hypodense Dichte- werte mit anteilig zystischen Ver- änderungen [Kloth et al., 2015]. Es treten dünne Wände und Septen auf, wobei es nicht zu Verkalkungen kommt [Janssen et al., 2010]. Bei der histopathologischen Unter- suchung des Warthin-Tumors zeigt sich ein gut umschriebener Tumor, der mikroskopisch aus papillärem oder zystischem Zylinderepithel be- steht, das von einem Stroma aus lymphatischem Gewebe und Lymph- follikeln umgeben ist [Riede und Weyer, 2009]. Eine maligne Transfor- mation eines Warthin-Tumors kann nach Literaturangaben in weniger als einem Prozent der Fälle beobachtet werden. Bei einem solchen Geschehen sind entweder die epithelialen oder die lymphatischen Anteile betroffen, was dazu führt, dass entweder Karzi- nome oder Lymphome entstehen. [Yoo et al., 1994; Palma et al., 2009]. Beim pleomorphen Adenom, das circa 80 Prozent aller gutartigen Neubildungen der Glandula parotis ausmacht [Donath und Ussmüller, 2020], ist eine indolente Schwellung der Regio parotideo-masseterica und ein fester, solider Tumor mit höckeri- ger Oberfläche zu erwarten [Wagner, 2007]. Im CT zeigen sich zystische Veränderungen mit fokalen Hämor- rhagien und begleitende Nekrosen. Die Kontrastmittelaufnahme erfolgt teils homogen, teils inhomogen und erzeugt höhere Dichtewerte als das umliegende Drüsengewebe [Kloth et al., 2015]. In der histopathologischen Untersuchung sind strang- und gang- förmige epitheliale Tumoranteile er- kennbar, das Tumorstroma ist pleo- morph und folglich fibrös mukoid, Abb. 3: Computertomografie des Mundbodens mit Kontrastmittelaufnahme in der Glandula sub- mandibularis rechts, axialer Schnitt Quelle: Radiologisches Institut, UK Erlangen a b PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. MARCO KESTING, FEBOMFS Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgische Klinik, Universitätsklinik der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen-Nürnberg Glückstr. 11, 91054 Erlangen Foto: Uniklinik Erlangen ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 84 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=