Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1798) „Kündigt ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis und wird am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ins- besondere dann erschüttern, wenn die bescheinigte Arbeits- unfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst“, erläuterten die Erfurter Richter. In dem Fall war die Klägerin in der Firma seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 8. Februar 2019 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 22. Februar 2019 und legte parallel eine auf den 8. Februar 2019 datierte, als Erst- bescheinigung gekennzeichnete Arbeitsunfähigkeitsbescheini- gung (AU) vor. Der Arbeitgeber verweigerte die Entgeltfortzahlung. Der Beweis- wert der AU sei erschüttert, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses abdecke. Die Klägerin machte dem- gegenüber geltend, sie sei ordnungsgemäß krankgeschrieben gewesen und habe vor einem Burn-out gestanden. Die Vor- instanzen hatten der Zahlungsklage stattgegeben. Die vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hatte nun jedoch Erfolg. Die Klägerin hatte die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit im Streitzeitraum zunächst mit einer AU nachgewiesen – dem gesetzlich vorgesehenen Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, führten die obersten Richter aus: Und zwar, indem er tatsächliche Umstände darlegt und gege- benenfalls beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelingt das dem Arbeitgeber, müsse der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war. Der Beweis kann dem Gericht zufolge insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen. Nach diesen Grundsätzen erschütterte die Beklagte den Beweiswert der AU: „Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 8. Februar zum 22. Februar 2019 und der am 8. Februar bis zum 22. Februar 2019 bescheinigten Arbeits- unfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel an der beschei- nigten Arbeitsunfähigkeit“, betonten die Richter. Die Klägerin sei im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit – auch nach Hinweis des Senats – nicht hinreichend konkret nachgekommen. Die Richter wiesen ihre Klage daher ab. ck Bundesarbeitsgericht Az.: 5 AZR 149/21 – Urteil vom 8. September 2021 – Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az.: 10 Sa 619/19 Urteil vom 13. Oktober 2020 Foto: Adobe Stock_MQ-Illustrations „Die Koinzidenz zwischen der Kündigung und der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet einen ernsthaften Zweifel“, so die Richter. URTEILE BUNDESARBEITSGERICHT ARBEITNEHMER MÜSSEN KRANKHEIT IM ZWEIFEL BELEGEN Arbeitnehmer, die direkt nach der Kündigung eine Krankschreibung vorlegen, können nicht automatisch mit einer Gehaltsfortzahlung rechnen, urteilte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. 24 | NACHRICHTEN

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