Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1804) gleich. Dennoch war erkennbar, dass einzelne Aspekte der Freiberuflichkeit durchaus geschätzt werden, im Be- sonderen die „Persönlichkeit der Leis- tungserbringung“, von der sie sich die Möglichkeit eines „Einbringens der Persönlichkeit in den Beruf“ erhof- fen. Die jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte schätzen insofern sehr wohl die „Entscheidungsfreiheit in der Behandlung“ sowie die „Unab- hängigkeit von fremden Einflüssen“. Doch scheut ein Teil der Befragten an- scheinend die damit einhergehende Verantwortung. Bei Problemen etwa mit den Patienten oder der Bürokra- tie fürchten sie, auf sich allein gestellt zu sein – Probleme, mit denen sie sich in der Anstellung weniger kon- frontiert sehen. Ein wichtiger Aspekt der Freiberuf- lichkeit ist jungen Zahnärztinnen und Zahnärzten das prosoziale Handeln ihrer Tätigkeit im Sinne der Gemein- wohlverpflichtung. Sie widmen sich ihrer Arbeit, um „den Patienten zu helfen, schwierige Situationen zu meistern“ und möchten dabei den Patienten so helfen, „wie man es sich selbst für sich wünschen würde“. Dabei stehen nicht nur der einzelne Patient und die einzelne Patientin im Fokus. Einige Befragte sorgen sich um die „Sicherstellung der Versorgung“ oder darum, dass die „Krankenkassen [...] für die Patienten nicht die wichti- gen Therapien bezahlen“. Die Frage, ob die jungen Zahnärztin- nen und Zahnärzte das Konzept der Freiberuflichkeit befürworten, lässt sich somit nicht pauschal beantwor- ten. Die Antworten einzelner Befrag- ter deuten einerseits darauf hin, dass sie sich mit Grundprinzipien wie der Unabhängigkeit oder der Gemein- wohlverpflichtung identifizieren. An- dererseits irritiert die häufige gedank- liche Verengung von Freiberuflichkeit auf den Aspekt der Niederlassung. GROßE ZURÜCKHALTUNG GEGENÜBER STANDESPOLITIK In gleicher Weise wird die Selbst- verwaltung der Zahnärzteschaft am- bivalent wahrgenommen. Die grund- sätzliche Möglichkeit, „eigene Regeln des beruflichen Miteinanders fest- legen zu können und den Berufs- stand (theoretisch) selbstständig ver- walten zu können“, wird auf der einen Seite sehr positiv bewertet. Die daraus resultierende Abhängigkeit von der Selbstverwaltung wird auf der anderen Seite aber auch kritisch ge- sehen. So werden bürokratische Vor- gänge und Regelungen als „Gängelung durch Institutionen, die man sogar selbst noch durch Beiträge finanzie- ren muss“, charakterisiert. Bemängelt werden mitunter auch „verkrustete Strukturen in der Selbstverwaltung, es fällt schwer, daran teilzunehmen“. Aus dieser ambivalenten Einstellung gegenüber den eigenen Standesorga- nisationen resultiert eine deutliche Zurückhaltung gegenüber der Frage eines standespolitischen Engage- ments, wie das folgende Befragungs- ergebnis verdeutlicht (Mehrfach- antworten waren möglich). Demnach engagieren sich lediglich 3,3 Prozent der Befragten bereits oder haben sich sehr konkret ein standes- politisches Engagement vorgenom- men. Insgesamt 20,8 Prozent der Be- fragten gaben an, dass sich zunächst die Voraussetzungen in der Standes- politik ändern müssten, damit eine aktive Beteiligung für sie infrage kommt. Veränderungen werden im Hinblick auf die Inhalte, die Struk- turen und Denkweisen sowie den Zu- gang zur Standespolitik gewünscht (Abbildung 1). Für weitere 18,3 Prozent der Befrag- ten liegen die Hindernisse primär ab- seits der Standespolitik. Hier besteht zwar durchaus Interesse an der Stan- despolitik, berufliche und private Zielsetzungen werden in der momen- tanen Lebenssituation aber doch (noch) stärker gewichtet und vor allem zeitliche Konflikte gesehen (Abbildung 2). Für die Mehrheit der Befragten, insgesamt 63,9 Prozent, scheint ein standespolitisches Enga- gement allerdings grundsätzlich auch für die Zukunft nicht infrage zu kommen. \ Gewünschte private Lebensumstände für ein verstärktes standespolitisches Engagement DR. DAVID KLINGENBERGER Stellvertretender wissenschaftlicher Direkor des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln Foto: IDZ 30 | POLITIK

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