Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1806) FLUTKATASTROPHE Mit dem Stemmhammer statt dem Bohrer Von der Flutkatastrophe im Juli waren – und sind – einige Zahnärz- tinnen und Zahnärzte betroffen. Über deren Schicksal haben die zm wiederholt berichtet. Auf der anderen Seite war die Solidarität unter der Zahnärzteschaft groß. Viele haben für ihre betroffenen Kolleginnen und Kollegen gespendet. Manchen war das aber nicht genug – wie Norbert Wasch, Zahnarzt aus Hückelhoven im Kreis Heinsberg. Er machte sich mehrmals mit Schaufel und Gummistiefeln in die Krisen- region auf, um vor Ort zu helfen. W asch war bisher dreimal im zerstörten Ahrtal. Nach dem ersten spontanen Impuls unmittelbar nach der Katastrophe, für die Flutopfer zu spenden, reifte schnell auch der Entschluss, vor Ort praktisch zu helfen. „Erst recht, weil mir immer bewusster wurde, dass allein mit Geld, das die Betroffenen ja keinesfalls sofort erreicht, noch keinerlei Schaden behoben wird“, er- klärt der 54-Jährige gegenüber den zm. So machte er sich am 31. Juli, gut zwei Wochen nach der Flutwelle, zu- sammen mit seinem Sohn ins rund 130 Kilometer entfernte Ahrtal auf, um sich beim sogenannten Helfer- Shuttle zu melden. Vom Treffpunkt, wo sich zahlreiche Helfer eingefunden hatten, ging es nach Bad Neuenahr. Dort mussten sie noch 20 Minuten zu Fuß zum vereinbarten Einsatzort laufen. „Beim Fußmarsch durch die Stadt war ich dann erschrocken und völlig erschüttert, geradezu verstört angesichts der beschädigten und zer- störten Häuser, Autos, Infrastruktur, des Schlamms, des Drecks und des Abfalls auf der Straße“, berichtet Wasch noch immer tief bewegt. SCHAUFEL UND BESEN HAT ER SELBST MITGEBRACHT Beim ersten Einsatz habe er Schaufeln und Besen noch selbst mitgebracht, erzählt Wasch weiter. Dabei ging es vor allem darum, ein Haus von Dreck und Schlamm zu befreien sowie in den Stockwerken, in denen das Was- ser gestanden hatte, den kompletten Estrich und den Putz mit dem Stemmhammer von den Wänden zu schlagen und in Eimern nach draußen zu tragen. Durch umfang- reiche Renovierungsarbeiten an sei- nem Elternhaus sei er darauf gut vor- bereitet gewesen. Außerdem sei sein Beruf ja auch ein handwerklicher, praktischer Beruf, nur eben „mehr feinmotorisch“, meint Wasch. Der Hausbesitzer habe die Helfer als „seine Engel“ begrüßt. Beim zweiten Einsatz im selben Haus – diesmal zusammen mit seiner Tochter – sei er herzlich umarmt worden. „Die Menschen sind natürlich unglaublich dankbar“, sagt Wasch. Wiederholt sei er auf seinem Weg zum jeweiligen Einsatzort von anderen Betroffenen auf Hilfe angesprochen worden. Dann „Nein“ zu sagen, weil man ja einen festen Einsatzplan und -ort hatte, sei „unheimlich schwierig“ gewesen. Aber die Menschen hätten dafür immer Verständnis gehabt. Ihm sei viel Dank für die Hilfe ent- gegengebracht worden. „Man fühlt sich nicht wirklich als Fremder. Viel- leicht kann man sagen, man kommt als Fremder und geht als Freund.“ Ein tolles Erlebnis sei auch die Zusammen- arbeit mit anderen, zunächst wild- fremden Helfern gewesen. „Alle sind Zahnarzt Norbert Wasch mit einer weiteren freiwilligen Helferin Foto: Nobert Wasch 32 | POLITIK

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