Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1808) E in 33-jähriger Mann stellte sich mit einer skelettalen Klasse III und einer Mittellinienverschie- bung in Ober- und Unterkiefer in der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plas- tische Operationen, der Universitäts- medizin Mainz vor (Abbildung 1). Vor der geplanten Umstellungsosteo- tomie erfolgte eine kieferorthopädi- sche Vorbehandlung zur Dekompen- sation der dentalen Kompensation bei Klasse III. Durchgeführt werden sollte eine bimaxilläre Umstellungs- osteotomie mit einer Le-Fort-I-Osteo- tomie des Oberkiefers und einer Vor- verlagerung und Mittellinienrotation nach links sowie einer Unterkiefer- rückverlagerung mit einer Mittel- linienrotation nach rechts mittels beidseits hoher schräger Osteotomie des Unterkiefers. Im Rahmen der präoperativen Dia- gnostik und mit Hinblick auf die digitale Planung wurde zunächst ein DVT angefertigt und als DICOM- Datensatz gespeichert. Mittels MITK (Medical imaging interaction toolkit; Version 2018.4.0, Deutsches Krebsfor- schungszentrum Heidelberg) wurde der DVT-Datensatz segmentiert und in einen STL-Datensatz umgewandelt. Anschließend wurde der STL-Daten- satz in den Autodesk Meshmixer (Version 3.5, Autodesk, Kalifornien) importiert, die Daten des Oberkiefers und der Schädelbasis wurden ent- fernt. Nach Darstellung des N. alve- olaris inferior sowie des Foramen mandibulae konnte die bestmögliche Osteotomielinie für die hohe schräge Unterkieferosteotomie am rechten und am linken aufsteigenden Unter- kieferast digital geplant werden. Dabei wurde zwischen der kranial zum Nerveneintrittspunkt gelegenen Osteotomie hin zum Foramen man- dibulae ein Sicherheitsabstand von 3 mm eingeplant. Zusätzlich wurden die geeigneten Winkel der Osteotomie- linie, in der horizontalen und in der vertikalen Dimension geplant. Alle Informationen der digitalen Pla- nungen wurden dann in zwei Säge- schablonen für den rechten und den linken Unterkiefer zusammengeführt. Die Sägeschablonen wurden so ge- staltet, dass sie in der incisura semi- lunaris intraoperativ fixiert werden konnten, um eine sichere Lage der Schablonen zu erhalten (Abbildun- gen 2 und 3). Die Unterkiefermodelle und die beiden Sägeschablonen wur- den dann mit einem 3-D-Drucker (Stratasys 360D, Material: Support 705, Med 610; Stratasys, Rhein- münster) hergestellt, gereinigt und sterilisiert. Zusätzlich erfolgte die Her- stellung eines jeweils 3-D-gedruckten Zwischen- und Endsplints zur Neu- einstellung des Ober- und des Unter- kiefers. Die Osteotomie von Ober- und Unter- kiefer wurde mittels Piezochirurgie durchgeführt, wobei lingual lediglich ein Raspatorium an der Stelle der DER BESONDERE FALL MIT CME 3-D-gedruckte Sägeschablonen für die hohe schräge Unterkieferosteotomie Peer W. Kämmerer, Daniel Müller, Andreas Pabst Die sagittale Unterkieferosteotomie nach Obwegeser und Dal Pont galt lange Zeit als Goldstandard im Rahmen der orthognathen Umstellungsosteotomie des Unterkiefers. Aufgrund der Komplikationen des Verfahrens hat sich in den vergangenen Jahren die hohe schräge Unterkieferosteotomie als mögliche Alternative etabliert. Mit patienten- individuellen, 3-D-gedruckten Sägeschablonen lassen sich Risiken und Operationszeit weiter senken, wie der vorliegende Patientenfall zeigt. Abb. 1: Die klinische Ausgangssituation zeigt eine skelettale Klasse III mit einer Mittellinienverschiebung des Oberkiefers nach rechts sowie einer Mittellinien- verschiebung des Unterkiefers nach links (schwarze Linien). Foto: Kämmerer UNIV.-PROF. DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat 34 | ZAHNMEDIZIN

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