Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1812) men der hohen schrägen Unterkiefer- osteotomie durch die Wahl eines geeigneten und möglichst spitzen Osteotomiewinkels in der vertikalen Dimension zumindest teilweise ver- bessert werden, um dadurch die Kon- taktfläche der beiden knöchernen Fragmente zu vergrößern [Carlos et al., 2021]. Dabei ermöglichen patientenspezifische 3-D-gedruckte Sägeschablonen dem Chirurgen eine präzise intraoperative Umsetzung der zuvor digital geplanten Operation. Der Nutzen der 3-D-Planung und die Verwendung von 3-D-gedruckten Sägeschablonen konnten auch in der Literatur belegt werden. Bernstein et al. sowie andere Autoren berichteten über eine verbesserte Genauigkeit bei der Planung und der operativen Um- setzung durch die Verwendung von Sägeschablonen. Diese können das ästhetische und das funktionelle Operationsergebnis, die chirurgische Präzision und die Patientenzufrieden- heit bei Umstellungsosteotomien weiter verbessern [Bernstein et al., 2017; Lin et al., 2018]. Obwohl Sägeschablonen auch im Bereich der sagittalen Unterkiefer- osteotomie beschrieben wurden, gibt es bislang nur wenig Literatur, die deren Einsatz bei der hohen schrä- gen Unterkieferosteotomie schildert [Savoldelli et al., 2018]. Im nächsten Entwicklungsschritt könnten diese Sägeschablonen in einem Werkstück mit einer Bohrschablone kombiniert werden, was den Einsatz patienten- individueller Osteosyntheseplatten ohne die Notwendigkeit eines End- splints ermöglichen würde. Dieses Verfahren ist bereits bei Umstellungs- osteotomien beschrieben worden [Suojanen et al., 2020; Suojanen et al., 2019]. Neben der Fixierung der Sägeschablonen über die incisura semilunaris wäre auch eine zahn- getragene Positionierung und Fixie- rung der Sägeschablonen über die Molaren im Unterkiefer denkbar. Dies hätte den Vorteil, dass der operative Zugangsweg weiter reduziert werden kann, da die incisura semilunaris nicht freipräpariert werden muss. Möglicherweise könnte man, falls erforderlich, die Sägeschablone auch mit einem Endsplint in einem Werk- stück kombinieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die hohe schräge Unterkiefer- osteotomie mit 3-D-gedruckten Säge- schablonen die operative Genauigkeit weiter verbessern kann. Komplika- tionen, besonders die Gefahr eines Nervenschadens des N. alveolaris inferior, können dadurch im Ver- gleich zur sagittalen Osteotomie oder zur konventionellen hohen schrägen Osteotomie weiter reduziert werden. Diese Technik könnte auch im Rah- men der chirurgischen Aus- und Wei- terbildung von Interesse sein. \ FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Die hohe schräge Unterkieferosteotomie kann das Risiko temporärer oder permanenter Par-, Hyp- oder Anästhesien des N. alveolaris inferior im Vergleich zur sagittalen Unterkieferosteotomie reduzieren. \ Die 3-D-basierte Planung und Herstellung patientenindividueller 3-D-gedruckter Sägeschablonen kann diese Komplikationen im Vergleich zum konventionellen, nicht-Schablonen-basierten Vorgehen, weiter reduzieren. \ Der Nachteil einer geringeren knöchernen Anlagerungsfläche bei der hohen schrägen Unterkieferosteotomie gegenüber der sagittalen Unterkieferosteotomie kann durch die 3-D-Planung und die Verwendung von Sägeschablonen mit definierten Sägewinkeln reduziert werden. \ Patientenindividuelle 3-D-gedruckte Sägeschablonen bieten eine vielversprechende Option bei der hohen schrägen Unterkieferosteotomie, die auch im Rahmen der chirurgischen Ausbildung sinnvoll sein kann. Abb. 4: Die 3-D-Rekonstruktion des postoperativen DVT (Digitale Volumentomografie) zeigt den rechten auf- steigenden Unterkieferast mit der Osteotomielinie der hohen schrägen Unterkieferosteotomie (schwarzer Pfeil) sowie die eingebrachten Osteosyntheseplatten nach bimaxillärer Umstellungsosteotomie von Ober- und Unterkiefer. Quelle: Kämmerer OBERSTABSARZT DR. MED. DR. MED. DENT. ANDREAS PABST Klinik VII; Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie Bundeswehrzentralkrankenhaus Rübenacherstr. 170, 56072 Koblenz Andreas1Pabst@bundeswehr.org Foto: BWZK 38 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=