Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1818) HYGIENEFÄHIGKEIT VON IMPLANTATVERSORGUNGEN Biofilme auf Implantaten und Abutments Elena Günther, Sebastian Hahnel, Ronald Lüdtke, Florian Fuchs, Anuschka Roesner Mehr als 50 Prozent aller Zahnimplantate sind von einer periimplantären Mukositis betroffen. Die Entzündung des Zahnfleisches kann unbehandelt in eine Periimplantitis übergehen, die nur noch bedingt reversibel ist – beide Erkrankungen sind zum Großteil Biofilm-assoziiert. Die Frage, wie der Biofilm wirksam von Implantaten und Abutments ferngehalten werden kann, spielt daher eine wichtige Rolle für die Lebensdauer einer Implantatversorgung. E nossale Implantate kommen in der zahnärztlichen Praxis zur Rehabilitation zahnloser Kiefer- abschnitte immer häufiger zum Ein- satz. Heute besitzen Patienten zehn- mal häufiger Zahnimplantate als noch im Jahr 1997 [Jordan/Micheelis, 2016]. Wurden vor zwanzig Jahren jährlich rund 380.000 Implantate in Deutsch- land gesetzt, ist diese Zahl mittlerweile auf circa 1,3 Millionen Implantate gestiegen [zm-online, 2018]. Dabei können Implantate festsitzenden (83 Prozent der in der DMS V untersuch- ten Implantatträger) und abnehm- baren prothetischen Zahnersatz ver- ankern (15 Prozent) sowie im Sinne der Pfeilervermehrung für kombinierte Versorgungen genutzt werden (2 Pro- zent) [Jordan/Micheelis, 2016]. Die Ansprüche an Implantate und die zugehörigen Suprakonstruktionen sind hoch: Neben ästhetischen Gesichts- punkten, einer zuverlässigen Stabili- tät, einer guten Osseointegration und ausgezeichnetem Kaukomfort spielen eine leichte Reinigungsfähigkeit sowie eine geringe Biofilmadhärenz eine entscheidende Rolle für die Lang- lebigkeit der Versorgung [Zhao et al., 2014]. Zahlreiche Forschungsgruppen haben die Überlebensraten von Im- plantaten untersucht und fanden heraus, dass sich über 90 Prozent der Implantate nach zehn Jahren noch in situ befanden [Howe et al., 2019; Srinivasan et al., 2017; Norowski/ Bumgardner, 2009]. Dennoch kön- nen mechanische sowie biologische Komplikationen im Zusammenhang mit Implantatversorgungen herausfor- dernd sein. Zu den biologischen Kom- plikationen zählen unter anderem periimplantäre Erkrankungen. Deren Ursachen sind vielfältig, wobei Bio- film-bedingte Entzündungen infolge einer insuffizienten Mundhygiene eine zentrale Rolle einnehmen. KLINISCHE RELEVANZ ORALER BIOFILME AUF IMPLANTAT- GETRAGENEN RESTAURATIONEN Wird der Biofilm um Implantate nicht entfernt (Abbildung 1), so kann die Entstehung einer periimplantären Mukositis oder Periimplantitis die Folge sein. Während die periimplan- täre Mukositis eine reversible Ent- zündung des suprakrestalen Weich- gewebes darstellt, ist bei der Peri- implantitis zusätzlich der das Implan- tat umgebende Knochen betroffen [Lindhe/Meyle, 2008]. Letztere ist nur bedingt reversibel und geht mit er- höhten Taschentiefen, Knochenver- lust, gegebenenfalls Pusbildung sowie im Endstadium mit Implantatlocke- rung und Implantatverlust einher. Mehr als 50 Prozent der Zahnimplan- tate sind von einer periimplantären Mukositis betroffen [Heitz-Mayfield/ Salvi, 2018]; jedes zehnte Implantat und jeder fünfte Patient mit Implan- taten entwickeln nach einer Trage- dauer von fünf bis zehn Jahren eine Foto: Anna-Lena Hillebrecht Abb. 1: Implantatgetragene Stegversorgung im Oberkiefer mit starker Biofilmanhaftung und entsprechenden Entzündungszeichen des periimplantären Gewebes DR. MED. DENT. ELENA GÜNTHER Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, Universitätsklinikum Leipzig Liebigstr. 12, Haus 1, 04103 Leipzig elena.guenther@medizin.uni-leipzig.de Foto: Robert Wolter 44 | ZAHNMEDIZIN

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