Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
„verlor“ nach der Flucht ein Jahr, weil sie erst Deutsch lernen musste. DIESE HÖFLICHKEIT LIEGT IHNEN IM BLUT Nour ist angekommen und fühlt sich hier wohl, sagt sie – was auch daran liege, dass ihre Familie mit nach Deutschland kam. „Nach meiner Ausbildung bin ich bereit, auch in einem fremden Land zu studieren.“ Khalouf lobt: „Sie ist ein Vorbild für funktionierende Integration – was will man mehr? Das unterstütze ich gerne. Beide sind sehr motivierte und engagierte Azubis.“ Patienten ihrer Kultur und Muttersprache begegnen ihnen laut Khalouf oft „wie Tante und Onkel“. „Auch in schwierigeren Situationen, etwa wenn sich ein Patient beschwert – und das kommt schon mal vor in einer größeren Praxis – bleiben sie ruhig und wirken deeskalierend“, beschreibt Khalouf das Auftreten seiner Mitarbeiterinn- nen. „Diese sehr höfliche, zuvor- kommende und gastfreundliche Art haben sie im Blut.“ Damit sie Deutsch lernen, stellt Khalouf im Praxisalltag Azubi-Teams aus unterschiedlichen Lehrjahren zusammen. Hoda berichtet: „Viele Patienten fühlen sich einfach wohler, wenn wir auf Arabisch mit ihnen sprechen.“ Für die Kolleginnen und Kollegen sind sie die Übersetzerinnen während der Behandlung, und sie machen auch Termine für die Ara- bisch sprechenden Patienten. Was aber könnte noch besser laufen, um Integration und Ausbildung erfolgreich zu verbinden? Khalouf kritisiert zunächst, dass die Anzahl „DIE PATIENTEN NEHMEN DIE AZUBIS SEHR GUT AN!“ „Es gibt einige Konflikte, da man zu wenig von der anderen Kultur und Religion weiß. Wenn man sich darüber informiert und miteinander spricht, geht vieles einfacher. Die Patienten nehmen die Azubis sehr gut an. Viele fragen nach dem Herkunftsland und so kommt man ins Gespräch. Azubis mit Migrationshintergrund sind eine Bereicherung für die Praxis, weil sie als Dolmetscher fungieren können und sich dadurch auch akzeptiert fühlen. Für eine bessere Integration können auch Zahnärzte in ihrer Praxis sorgen: Wichtig ist, für die Teambesprechung alle mit ins Boot zu holen. Ferner ist es von Vorteil, den Azubis eine Tutorin zuzuteilen, die für sie zuständig ist. Wichtig ist auch, klare Regeln aufzustellen. Insgesamt sollte man sich mehr über andere Kulturen und Religionen informieren: Es ist gut, zu wissen, wie die Rolle der Frau in dem jeweiligen Land aussieht.“ Sylvia Gabel, Referatsleitung Zahnmedizinische Fachangestellte beim Verband medizinischer Fachberufe (VmF) „Drei Jahre empfinde ich zu lang für die Ausbildung. Die Zeit sollte verkürzt und der schulische Teil verschlankt werden. So können wir auch dem Azubi-Mangel und den steigen- den Ansprüchen an die Gesundheitsberufe durch den demografischen Wandel entgegen- wirken“, meint Dr. Emad Khalouf. PRAXIS | 81
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