Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19
zm 111, Nr. 19, 1.10.2021, (1864) nach links im Vergleich eingeschränkt. Vor allem bei Halsüberstreckung kam die Schwellung eindrucksvoll zur Geltung. Die Hirnnerven und deren Äste, insbesondere der linksseitige Ramus mandibularis mandibulae, wa- ren in orientierender Untersuchung nicht beeinträchtigt (Abbildung 1). Die intraorale Untersuchung ergab ein gepflegtes, konservierend versorg- tes Erwachsenengebiss mit reizlosen Mundschleimhautverhältnissen. Eine odontogene Ursache für die Raum- forderung war nicht eruierbar. Zur weiteren Abklärung wurde eine Magnetresonanz-Untersuchung initi- iert. Es zeigte sich eine glatt berandete, T2-hyperintense Raumforderung zer- vikal links auf Höhe der Epiglottis. Eine Infiltration der benachbarten Strukturen war nicht ersichtlich (Ab- bildungen 2 bis 4). Mit der Verdachtsdiagnose „laterale Halszyste“ entschieden wir uns nach ausführlicher Patientenaufklärung zur Exstirpation der letztlich dignitäts- unklaren Raumforderung. In der prä- operativ durchgeführten laborchemi- schen Blutuntersuchung ergab sich ein in Gänze unauffälliger Befund ohne Hinweis auf Inflammation. Die Operation wurde in störungsfreier Intubationsnarkose durchgeführt. Als Zugang wurde ein lateraler Hals- schnitt gewählt, der zur Vermeidung deutlich sichtbarer Narben in eine Hautfalte gelegt wurde (Abbildung 5). Nach scharfer Haut- und Platysma- durchtrennung kam bereits eine zystisch imponierende Veränderung zum Vorschein (Abbildung 6). Sie ließ sich komplikationslos aus dem umge- benden Gewebe exstirpieren (Abbil- dung 7). Die in toto entfernte Raumforderung wurde zur histopathologischen Auf- arbeitung an die Kollegen der Patho- logie versandt (Abbildung 8). Zur Ver- meidung eines postoperativen Häma- toms wurde eine Redondrainage im Bereich des linken Wundpols einge- legt (Abbildung 9). Der postoperative Verlauf gestaltete sich unter regelmäßigen Wundvisiten und Nachblutungskontrollen stadien- gerecht. Die inserierte Drainage konnte am ersten postoperativen Tag entfernt werden. Der Patient konnte nach drei Tagen in gutem Allgemein- zustand und mit reizlosen Wund- verhältnissen in die ambulante Nach- sorge entlassen werden. Im Rahmen der ambulanten Nach- kontrolle wurden das Nahtmaterial entfernt und das derweil befundete histopathologische Gutachten be- sprochen. Es zeigte sich Fett- und Bindegewebe mit einer vollständig entfernten zystischen lymphoepithe- lialen Struktur. Dieser Befund unter- mauerte die Verdachtsdiagnose der lateralen Halszyste. \ FAZIT FÜR DIE PRAXIS Die Erfahrungen zeigen, dass Patienten mit odontogenen Beschwerden und simultaner zervikaler Schwellung oft initial eine Zahnarztpraxis aufsuchen. Aufgrund des zeitlichen Zusammenfalls besteht die Vorstellung, dentale Zustände wie Zahnschmerzen oder Entzündungen seien der Auslöser für eine reaktive Schwellung. Aus MKG-chirurgischer Sicht ist es erfreulich, dass Patienten mit unklarer oder persistierender zervikaler Schwellung zumeist zeitnah zur weiteren Abklärung überwiesen werden. Diese Zusammenarbeit ist für eine suffiziente Therapie der Betroffenen unabdingbar. Foto: MKG UK Bonn Abb. 9: OP-Situs, Wundverschluss mit in situ befindlicher Redondrainage DR. DR. VALENTIN WIEDEMEYER Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Venusberg – Campus 1, Haus 11, 2. OG; 53127 Bonn Foto: privat 90 | ZAHNMEDIZIN
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