Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 111, Nr. 20, 16.10.2021, (1939) thesie) nicht erfolgen, bis der Blut- druck eingestellt wurde. Es besteht die Gefahr einer hypertensiven Kri- se. Diese stellt einen internistischen Notfall dar. Patienten mit gerinnungs- hemmender Medikation \ Marcumar ® und neue orale Anti- koagulanzien (DOAKs): Während Patienten nach Kunstklappen- ersatz weiterhin ausschließlich Vitamin-K-Antagonisten (Marcu- mar®) mit angestrebtem thera- peutischen INR-Wert von 2,0 bis 3,5 benötigen, kommen bei Patienten mit (nicht von den Herzklappen ausgehendem) Vor- hofflimmern und nach durch- gemachten Thrombosen/Lungen- embolien neuerdings bevorzugt die neuen oralen Antikoagulan- zien (NOAK beziehungsweise DOAK) zum Einsatz. Diese hem- men selektiv entweder den Faktor Xa (sogenannte Xabane: Rivaro- xaban (Xarelto ® ), Apixaban (Eli- quis ® ) und Edoxaban (Lixiana ® )) oder den Faktor II (Thrombin): Dabigatran (Pradaxa ® ). Im Gegen- satz zu den klassischen Vitamin- K-Antagonisten ist bei den (neu- en) direkten Antikoagulanzien keine regelmäßige Überwachung des INR-(früher Quick-)Werts erforderlich (und auch nicht möglich). Die Steuerbarkeit der DOAKs ist im Gegensatz zu den Vitamin-K-Antagonisten exzellent bei einer Halbwertszeit um 14 Stunden. Der Wirkungseintritt ist bereits nach einmaliger Gabe innerhalb von circa einer Stunde erreicht. Hierdurch entfällt in vielen Fällen das Bridging mit Heparinen zur erforderlichen Unterbrechung der Antikoagula- tion, zum Beispiel bei größeren operativen Eingriffen. \ Thrombozytenaggregationshem- mer: Thrombozytenaggregations- hemmer (Aspirin ® , Clopidogrel ® , Prasugrel ® , Ticagrelor ® ) verhin- dern das übermäßige Verklumpen von Thrombozyten und dienen so der Vorbeugung eines Herzinfarkts und Schlaganfalls sowie zur Pro- phylaxe eines Gefäßverschlusses nach Katheterdilatation und nach Stenteinlage. \ Duale Hemmung: Bei Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkran- kung, bei denen zur dauerhaften Aufdehnung eines verschlossenen Gefäßes ein Stent gesetzt wurde, kann durch eine Kombinations- therapie aus Antikoagulation und Plättchenhemmung eine soge- nannte „duale Hemmung“ das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und sogar Stentthrombosen erfolgreich reduziert werden [DeWilde TenBerg, 2009]. Patienten mit Arrhythmien, Herzschrittmacher (HSM) und Implantierbaren Kardioverter- Defibrillatoren (ICD) Bei diesen Risikopatienten empfiehlt sich während der Behandlung eine Überwachung der Herzschlagfolge zumindest mithilfe eines Pulsoxy- meters [Kempf, 2014], besser eines EKG-Monitors (Abbildung 2). In welchem Ausmaß Dentalgeräte Herzschrittmacher oder implantierte Kardioverter-Defibrillatoren in ihrer Funktion beeinflussen, ist nicht ein- deutig geklärt. Während die gängigen Antriebe für Bohrer und elektronische Wurzelkanallängenmessgeräte keinen störenden Einfluss haben [Trenter/ Walmsley, 2003], können Elektro- motoren mit Kollektoren, piezoelek- trische und magnetostriktive Ultra- schallscaler, akkubetriebene zahn- ärztliche LED-Polymerisationslampen sowie elektrochirurgische Verfahren die Funktion von Herzschrittmachern und implantierten Kardioverter- Defibrillatoren zumindest temporär beeinflussen [Roedig et al., 2010; Petersilka/Stypmann, 2014]. Unipolare Elektrokauter sollten nicht mehr zum Einsatz kommen, da diese regelhaft Fehlfunktionen von Schrittmachern und Defibrillatoren induzieren kön- nen [Nowak et al., 2010]. Da es bislang keine übereinstimmen- den Aussagen über den Einfluss von Dentalgeräten auf Herzschrittmacher und implantierbare Defibrillatoren gibt [Carlson, 2010; Crossley/Poole, 2010], sollte von einer Störbeeinflus- sung ausgegangen werden. Daher wird von der Anwendung von Instru- menten mit möglicher elektromagne- tischer Interaktion bei Trägern von Herzschrittmachern oder implantier- ten Kardioverter-Defibrillatoren aus forensischen Gründen abgeraten [Graetz et al., 2016]. Patienten mit hohem Risiko für eine infektiöse Endokarditis Bei verschiedenen invasiven zahnärzt- lichen Eingriffen können in unter- ZAHNÄRZTLICHE BEHANDLUNG BEI KARDIOVASKULÄREN ERKRANKUNGEN In drei Beiträgen geben die Autoren einen Überblick über das Thema – von der Vorstellung der kardiovaskulären Erkrankungen (Teil 1 in der zm 19/2021) über die patientenindividuelle Anpassung der zahnärztlichen Behandlung (Teil 2 in der zm 20/2021) bis zum Umgang mit kardiovaskulären Notfällen (Teil 3 in der zm 21/2021). APL.-PROF. DR. PETER CICHON Zahnarztpraxis Leslie Crawford Johann-Walling-Str. 1, 46325 Borken und Externer Lehrbeauftragter der Universität Witten/Herdecke am Lehrstuhl für Behindertenorientierte Zahnmedizin Alfred-Herrhausen-Str. 45, 58455 Witten pcichon@t-online.de Foto: Röpke, Borken ZAHNMEDIZIN | 45

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=