Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 111, Nr. 20, 16.10.2021, (1944) Präoperative Antibiotikaprophylaxe Ziel der präoperativen antimikrobiel- len Therapie ist es, bei Endokarditis- gefährdeten Patienten eine mögliche Bakteriämie zu verhindern. Generell sind Zahnextraktionen und blutende Maßnahmen im gingivalen/parodon- talen Bereich oder in der periapikalen Region sowie Verletzungen der oralen Mukosa als Risikofaktor für Bakte- riämien anzusehen [Zierholz, 2011]. Die Entscheidung darüber, ob ein Patient mit hohem Risiko einer in- fektiösen Endokarditis ambulant und unter welchem antibiotischen Schutz behandelt werden kann, sollte in Ab- sprache mit dem Hausarzt oder dem behandelnden Kardiologen erfolgen. Falls eine Endokarditisprophylaxe indiziert ist, genügt entsprechend der Stellungnahme der DGZMK [Horstkotte, 1999; Wahl, 2009] und der Leitlinie der American Heart As- sociation [Naber et al., 2007] in der Regel bei einer Behandlungssitzung eine präoperative Kurzzeittherapie mit Amoxicillin p. o. oder bei einer Penicillin-Unverträglichkeit mit Clin- damycin p. o. (Single-Shot-Kurzzeit- therapie) (Tabelle 2). BEHANDLUNGSMAßNAHMEN Grundsätzlich sollten, sofern keine zwingenden Gründe für eine Ver- änderung oder ein Pausieren beste- hen, alle üblichen Medikamente, vor allem Antihypertensiva, Statine, Anti- arrhythmika und auch Antikoagulan- zien regulär weiter eingenommen werden. Wegen der toxischen Wir- kung, eines verzögerten Abbaus oder einer möglichen Interaktion mit anderen Medikamenten sollten bei Personen mit kardiovaskulären Er- krankungen Arzneimittel (Antibio- tika, Schmerzmittel) nur nach stren- ger Indikation gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Hausarzt ver- abreicht werden. Restaurative und prothetische Versorgung Vielfach können auch bei einem erheblichen Zerstörungsgrad kariöse Destruktionen durch geeignete res- taurative Maßnahmen (Füllungen/ Kronen) behoben werden, so dass ein Verlust der Zähne auch bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen weitgehend vermieden wird. Nur in Ausnahmesituationen müssen tief zerstörte, nicht erhaltungswürdige Zähne entfernt werden. Die Anferti- gung umfangreichen Zahnersatzes sollte bei Patienten mit einer erheb- lichen Beeinträchtigung der kardialen Leistungsfähigkeit nur nach strenger Indikation erfolgen. Parodontaltherapie und zahnärztliche Chirurgie Notwendige parodontologische Be- handlungen und chirurgische Ein- griffe müssen auch bei Patienten mit kardiovaskulären Problemen durchgeführt werden. Das Belassen aktiver dentaler Erkrankungen und Infektionen kann ansonsten zu Kom- plikationen führen, die später exten- sivere und risikoreichere Behandlun- ENDOKARDITISPROPHYLAXE MITTELS ANTIBIOTIKA Erwachsene Kinder 1 Höchste Einzeldosis wie bei Erwachsenen Tab. 2, Quelle: nach [Horstkotte, 1999; Naber et al., 2007; Wahl, 2009] Ohne Penicillinallergie 2g (> 70 kg) bis 3 g (=70 kg) Amoxicillin p. o. 60 Min. vor dem Eingriff 50 mg/kg 1 Amoxicillin p. o. 60 Min. vor Eingriff Bei Penicillinallergie 600 mg Clindamycin p. o. 60 Min. vor dem Eingriff 15 mg/kg 1 Clindamycin p. o. 60 Min. vor Eingriff Abb. 3: Präoperativ hergestellte Wundverbandplatte (Tiefziehschiene) Foto: Stefan Klar 50 | ZAHNMEDIZIN

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