Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm 111, Nr. 20, 16.10.2021, (1968) Acht Monate nach der Diagnosefin- dung der Pleurakarzinose bei in sano operiertem und bestrahltem oralem Plattenepithelkarzinom verstarb die Patientin mit 67 Jahren. DISKUSSION Im Jahr 2016 betrafen fünf Prozent aller malignen Tumore die Mund- höhle, wobei der Anteil an Platten- epithelkarzinomen hierbei 95 Pro- zent betrug. Am häufigsten betroffen sind die Zunge und der Mundboden. In Deutschland liegt die Zahl der Neuerkrankungen an einem oralen Plattenepithelkarzinom bei etwa 10.000 im Jahr, wobei Männer häufi- ger erkrankt sind als Frauen [Barnes et al., 2016]. Aufgrund der Tatsache, dass die Diagnose in über 50 Prozent der Fälle in fortgeschrittenen Stadien (66 Prozent im Stadium III oder im Stadium IV) [Halicek et al., 2019] ge- stellt wird, ist die Prognose des oralen Plattenepithelkarzinoms mit einer Fünf-Jahres-Überlebensrate von weni- ger als 60 Prozent und einer Rezidiv- quote von 30 Prozent weiterhin schlecht [Blatt et al., 2016]. Die genauen Mechanismen der Patho- genese von Mundhöhlenkarzinomen sind noch nicht abschließend geklärt, wobei allgemeiner Konsens zu den beiden Hauptrisikofaktoren des chro- nischen Tabak- und Alkoholabusus besteht (in Kombination beider er- höht sich das Erkrankungsrisiko bis zu 30-fach) [Bagnardi et al., 2001]. Quantifiziert wird der Tabakkonsum in pack years (Zigarettenschachteln/ Tag in Jahren), die bei der Patientin des oben beschriebenen Fallberichts 40 betrugen. Wichtigster Prognose- faktor ist neben der Primärtumor- größe, dem Grading, der Infiltrations- tiefe des Primärtumors (> 4 mm), dem operativ erreichten Sicherheits- abstand und der Perineuralscheiden- infiltration, der Status der Metastasie- rung (überwiegend regionäre Lymph- knotenmetastasen, sehr selten pri- märe Fernmetastasen) [Sadick et al., 2012; „Leitlinien“, 2020]. Rein makroskopisch ist ein Platten- epithelkarzinom im Initialstadium differenzialdiagnostisch nicht immer leicht von anderen nicht-malignen Veränderungen oder (prä)malignen Erkrankungen abzugrenzen. Daher ist die Probenentnahme mit histopatho- logischer Untersuchung für die Dia- gnosestellung obligat. Bildgebende Untersuchungen zur Ausdehnungs- diagnostik und zum Ausschluss von Lymphknoten und Fernmetastasen sind weitere Bestandteile einer kom- plettierenden Staginguntersuchung. Vornehmlich zeigt das orale Platten- epithelkarzinom eine lokoregionäre Metastasierung in die Halslymph- Abb. 3: CT-morphologischer Nachweis eines basal erkennbaren Pleuraergusses links (roter Pfeil) sowie der CT-morphologisch hochgradige Verdacht hepatischer und renaler Metastasen (grüner Pfeil) Quelle: Kämmerer DR. DR. DANIEL G. E. THIEM Weiterbildungsassistent Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat 74 | ZAHNMEDIZIN

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