Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20
zm 111, Nr. 20, 16.10.2021, (1978) ZM-SERIE „KARRIEREN IM AUSLAND“ Ein Zahnarzt der Superlative – Bálint Orbán und seine Karriere in den USA Dominik Groß und Cynthia Bergmann Der österreichische Zahnarzt Bálint Orbán wurde in den USA zu einem Wegbereiter der Parodontologie und Endodontie – noch heute vergibt die „American Academy of Periodontology“ den „Bálint Orbán Award“ im Rahmen des „Orbán Memorial Program“. Wie kam es zu dieser Entwicklung? B álint Valentin Orbán (Abb. 1), Sohn eines Mathematikers und Ingenieurs, erblickte am 24. März 1899 in Temeszvar im damaligen Österreich-Ungarn das Licht der Welt [Archiv Universität Wien, o. J.; Medizinische Fakultät, o. J.; Grohs, 1959 und 1960; Kerr et al., 1960; Everett, 1970; Handbuch, 2002; Besenböck, 2003; Bergmann/ Gross, 2020; Groß, 2022]. Er war jüdischer Herkunft, aber katholisch getauft. Orbán immatrikulierte sich 1916 an der Universität in Budapest für das Studium der Medizin und schloss es 1921 mit der Promotion zum Dr. med. ab. 1922 begann er eine Weiterbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Zahnärztlichen Institut der Universität Wien bei Rudolf Weiser (1859–1928) und in der dortigen histologischen Abteilung bei dem renommierten Zahnarzt und Dental- histologen Bernhard Gottlieb (1885–1950) [Djafari, 2003; Orbán, 1950; Wilms/Groß, 2020], wo er bis Juli 1927 tätig blieb. MIT 28 JAHREN PROFESSOR IN CHICAGO Um 1926 bat William Logan (1872–1943), Dekan des Chicago Col- lege of Dental Surgery der Loyola Universität, seinen geschätzten Kolle- gen Gottlieb um die zeitlich befristete „Entsendung“ eines Mitarbeiters, der in Chicago den Aufbau eines dental- histologischen Labors vorantreiben sollte. Die Wiener Oralpathologie galt damals als führend – in Deutschland reichten allenfalls Otto Walkhoff (1860–1934) [Groß, 2017, 2020 und 2021] und Herbert Siegmund (1892–1954) an die Schule um Gott- lieb heran [Rinnen/Groß, 2020]. Gottlieb schlug Logan für diese Auf- gabe den erst 28-jährigen Orbán vor. Der stimmte zu und wurde so 1927 Professor für Histologie und Patho- logie an der Loyola Dental School in Chicago. Dort etablierte er ein histologisches Forschungslabor und führte erfolg- reich Fachkurse durch. Orbáns Eng- lischkenntnisse waren hervorragend und er nutzte seine Zeit in den USA, um sich in der amerikanischen Dele- gation der „International Association for Dental Research“ (IADR) zu enga- gieren. Vereinbarungsgemäß kehrte er 1929 nach zwei Jahren an die Wiener Universität zurück. Im darauffolgenden Jahr heiratete er in Wien Emilie Dikan (1901–1989), mit der er zwei Söhne bekam. Stellen- technisch war Orbáns Rückkehr nach Österreich ein deutlicher Rückschritt: Er wurde lediglich als außerordent- licher Assistent am Wiener Zahnärzt- lichen Institut bei Weisers Nachfolger Hans Pichler (1877–1949) und bei Gottlieb (bis Ende Dezember 1936) geführt. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Stellensituation für Juden an der Wiener Universität bereits deutlich verschlechtert („By the be- ginning of the 1930s, it had become Abb. 1: Bálint Orbán Foto: Kerr, 1960, 266 84 | GESELLSCHAFT
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