Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 111, Nr. 21, 1.11.2021, (2056) Durch Entzündungsmediatoren wer- den Osteoklasten zum Knochen- abbau stimuliert. Die Zyste wird schließlich von einer kollagenfaser- reichen bindegewebigen Kapsel um- geben, die wie die Kapsel des Granu- lationsgewebes auch durch Zement- apposition mit dem Zahn verwach- sen sein kann. Die Therapie schließt alle Stufen einer antibakteriellen Wurzelkanal- behandlung ein, gefolgt von einer le- benslangen radiografischen Kontrolle der Remission, Stagnation oder Pro- gression der Läsion und Zyste. Die Röntgen-Kontrolle erfolgt je nach Progressionsverlauf nach 6, 12 und 24 Monaten und nach 3, 5 und 10 bis 20 Jahren. WARUM KANN EIN TOTER ZAHN LÄNGER ÜBERLEBEN ALS EIN IMPLANTAT? Die humane omnivore Dentition des „Allesfressers“ ist durch Reduktion der Zahnzahl, des Zahnwechsels und der vielen Dentinformen in der Phy- logenese sehr einfach geworden, ob- wohl bei pathologischen Reaktionen ein Rückgriff auf fast alle phylo- genetischen Entwicklungsformen des Endodonts und Parodonts erfolgt. Wenn trotz dieser Simplizität unserer Zähne eine Regeneration verloren- gegangener primärer Odontoblasten ausgeschlossen ist und ein ektome- senchymaler Pulpa-Dentin-Komplex sich aus der embryonalen Neural- leiste nicht neu bilden kann, dann ist nach Pulpaverlust und periapikaler Entzündung immer noch eine Re- paraturheilung möglich. Über alle mineralisierenden und nicht-minera- lisierenden Zelllinien in Endodont, Parodont und Knochen ist eine Zahnerhaltung biologisch und phylo- genetisch Erfolg versprechender als ein Implantat, das letztlich nur zwei zelluläre Interaktionen mit seiner Umgebung erlaubt: die Osseointegra- tion und die Epithelanheftung. Das komplexe Organ Zahn unterscheidet sich eben von allen anderen endo- prothetischen Materialien. So greifen alle bisherigen Zahn- implantate im besten Fall nur auf den allerältesten Befestigungsmodus der Ankylose im Sinn der knöchernen Zahn-Kiefer-Befestigung als Akrodont der Fische zurück. Aber während der Australische Lungenfisch das Akro- dont seiner Zahnplatten mit anterio- ren und posterioren sowie sogar api- kalen Dentinresorptionen abbauen und mit neuen Zahnabschnitten wieder aufbauen kann, verbleibt dem Mensch mit Zahnimplantat bei erfolgreicher Osseointegration nur die Osseodesintegration bei entzünd- licher Knochenresorption. Außerdem ist selbst ein osseointegriertes Im- plantat ohne Periodontalligament am lebenslangen Umbau des Knochens nicht beteiligt. \ Abb. 10: Parodontitis apicalis granulomatosa an 45 und P. a. chr. an 46 (A), Zahnschnitt mit apikalem Foramen (B), infizierte nekrotische Pulpareste (C) und Fleisch-Speisereste (Muskelfaser) im periapikalen Granulationsgewebe (D) (Brown-Brenn-Färbung/HE-Färbung) Quelle: Langeland, Gängler, Lang * Anmerkung der Redaktion: Der Begriff „Periodontologie“ soll analog zum Begriffspaar „Endodontologie/Endodontie“ an die im Englischen etablierten Bezeichnungen „Periodontology/Periodontics“ anknüpfen, die den Unterschied zwischen Forschung und Klinik deutlich machen. Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff „Parodontologie“ weitgehend übergreifend verwendet. Einige Zahnärzte verwenden jedoch auch hierzulande für ihre klinische Tätigkeit den Begriff „Parodontie“ und betonen damit implizit die Differenz zur wissenschaftlichen Disziplin der Parodontologie. 42 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=