Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 111, Nr. 21, 1.11.2021, (2057) E ine 28-jährige Frau stellte sich im Juli 2017 mit akuter Schmerz- symptomatik im rechten Unter- kiefer zu einer zweiten Meinung vor. Am gleichen Tag war zuvor eine Vor- stellung alio loco erfolgt – mit der dringenden Empfehlung einer zügi- gen Zahnentfernung im Rahmen der Schmerz- und Entzündungsbeseiti- gung. Die klinische Untersuchung des Zahnes 46 ergab eine approximale, am distalen Füllungsrand sondierbare Kariesläsion bei einem Lockerungs- grad II–III, eine bukkale Schwellung der Gingiva und der angrenzenden Mukosa, einen negativen Sensibili- tätstest, einen positiven Perkussions- test sowie sechs Sondierungstiefen zwischen 2 und 8 mm. Der radiologische Befund ergab im Zahnfilm (Abbildung 1A) eine apikale und interradikuläre Aufhellung. Die Anfertigung einer Low-Dose-DVT- Aufnahme zeigte eine teilweise Re- sorption der bukkalen Kortikalis und der interradikulären Spongiosa sowie eine Erweiterung des Parodontal- spalts nach koronal über das mittlere Wurzeldrittel hinaus. Die virtuelle Darstellung der Wurzelkanalverläufe zeigte fünf Wurzelkanaleingänge und fünf Wurzelkanalausgänge (Ab- bildung 1 B). THERAPIE Der Patientin wurde zur primären Schmerzbeseitigung die Einleitung einer Wurzelkanalbehandlung emp- fohlen und die Extraktionstherapie neben der Zahnerhaltung als Mög- lichkeit offengelassen. Sie entschied sich für diese Behandlung. Nach bukkaler, lingualer und man- dibulärer Leitungsanästhesie und Quadrantenisolierung mit ligiertem UNRETTBAR VERLOREN? Der Extraktionszange auf den Zahn gefühlt … Tomas Lang, Peter Gängler Die Indikation zur Extraktion von Zahn 46 bei der jungen Patientin schien eindeutig: Eine unentdeckt gebliebene Karies unter einer Füllung hatte zur Pulpitis und zur vollständigen Pulpanekrose geführt. Die Entzündung hatte sich ins periapikale Gewebe und in die Furkation mit Knochenresorptionen ausgebreitet. Der Zahn war gelockert. Trotzdem wurde der Zahn nicht extrahiert. Das Behandlungsergebnis ist ein Beispiel dafür, wie eine endodontische Therapie das Konzept von Progression und Stagnation chronischer Erkrankungen erfolgreich nutzt. Abb. 1: Radiologischer Ausgangsbefund Zahn 46: A: Orthoradialer radiologischer Befund B: DVT-Befund mit axialer Ansicht im mittleren Wurzeldrittel C: Räumlicher DVT-Kanalverlauf nach virtueller Therapieplanung mit Endo-Software (Sicat GmbH, Bonn) D: Überlagerung der virtuellen Kanalverläufe mit der orthoradialen Kontrollaufnahme nach der Wurzelkanalfüllung Quelle: Tomas Lang ZAHNMEDIZIN | 43

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