Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 111, Nr. 21, 1.11.2021, (2070) JAMEDA-URTEIL BGH weist Zahnarzt- Ehepaar ab Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat im seit Jahren andauernden Streit um die Löschung von Profilen beim Bewertungsportal jameda entschieden: Zahnärzte und Ärzte müssen sich mit einer Listung auch gegen ihren Willen abfinden. D ie rechtlichen Voraussetzungen an eine komplette Arztliste ha- be jameda inzwischen erfüllt. Konkret urteilten die Karlsruher Rich- ter zwar, dass 2018 die Anforderun- gen noch nicht erfüllt waren und ein Zahnarzt-Ehepaar sich daher austra- gen lassen konnte. Den Antrag, trotz zahlreicher Änderungen der jameda- Seiten auch eine Wiederaufnahme dauerhaft zu unterlassen, wiesen die Karlsruher Richter nun aber ab. Entsprechend hatte zuvor am 14. No- vember 2019 das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden. Die Revisio- nen einer Parodontologin und eines Oralchirurgen aus dem Rheinland, die dauerhaft aus der Ärzteliste bei jameda gestrichen bleiben wollten, blieben nun ohne Erfolg. Die Gründe hierfür nannte der BGH allerdings noch nicht. Hintergrund ist aber wohl, dass jameda im Zuge der Auseinanderset- zungen seinen Internetauftritt mehr- fach geändert hat. Der BGH hatte bereits 2014 bestätigt, dass ein Bewer- tungsportal grundsätzlich alle Anbie- ter – jameda also alle Ärzte und Zahn- ärzte – aufführen darf. Die Meinungs- freiheit und die Interessen des Betrei- bers und der Nutzer wögen schwerer als das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der gegen ihren Willen aufgenommenen Ärzte und Zahnärzte. 2018 hatte der BGH aller- dings einschränkend ergänzt, dass dies nur für Bewertungsportale gilt, die die Rolle eines „neutralen Infor- mationsmittlers“ einnehmen. JAMEDA DARF ZAHLENDE ÄRZTE BESSERSTELLEN Darauf hatte jameda umgehend rea- giert und insbesondere Anzeigen kon- kurrierender Ärzte auf den Profilen der nicht-zahlenden „Basiskunden“ gelöscht. Gleiches gilt für einen nur bei Basiskunden angegebenen Link zu weiteren Ärzten in der Umgebung. Später wurden auch noch Verweise auf „Fachartikel“ zahlender Kollegen ent- fernt. Diese Änderungen entsprechen dem aus dem BGH-Urteil aus 2018 hervorgehenden Anspruch der nicht- zahlenden Ärzte und Zahnärzte, dass ihre gegebenenfalls gegen ihren Wil- len aufgeführten Daten nicht auch noch als Werbeplattform für zahlende Kollegen herhalten müssen. Der nun vom BGH entschiedene Fall spielt noch vor diesen Änderungen. Das OLG Köln und nun auch der BGH haben der Klage daher insoweit stattgegeben, als damals ein Anspruch auf Löschung bestand. Um die längst erfolgte Wiederaufnahme zu unter- binden, hatte das Zahnarzt-Paar aller- dings 24 Punkte benannt, bei denen sie gegenüber zahlenden Kunden weiterhin benachteiligt würden. Dazu gehört insbesondere die feh- lende Möglichkeit für nicht-zahlende Basiskunden, ein Foto von sich hoch- zuladen oder sonst ihr Profil anspre- chender zu gestalten. Schon das OLG hatte hier auf den gesellschaftlichen Nutzen solcher Portale verwiesen. Vor diesem Hintergrund seien gewisse Besserstellungen zahlender Kunden nicht zu beanstanden, wenn die Nut- zer des Portals erkennen können, dass solche Unterschiede auf die Zahlungen zurückgehen. Nun hat sich offenbar auch der BGH davon überzeugt, dass dies bei jameda in- zwischen der Fall ist. Nähere Urteils- gründe will der BGH allerdings erst später bekanntgegeben. jameda, nach eigenen Angaben das größte Arzt-Bewertungsportal Deutsch- lands, bewertete das Urteil als Erfolg. „Wir freuen uns, dass die Bundes- richter erneut die gesellschaftlich er- wünschte Funktion von jameda be- tont haben und damit vollständige Arztlisten als einen wichtigen Beitrag zu einer besseren medizinischen Versorgung anerkennen“, erklärte Geschäftsführer Florian Weiß in München. Martin Wortmann Bundesgerichtshof Az.: VI ZR 488/19 und VI ZR 489/19 Urteil vom 12. Oktober 2021 Die Karlsruher Richter sind offensichtlich der Überzeugung, dass jameda die Anforderungen an ein Bewertungsportal erfüllt. Foto: AdobeStock_Stockwerk-Fotodesign 56 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=