Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 111, Nr. 22, 16.11.2021, (2136) N achdem wir unser Wohnmobil mit Werkzeug be- stückt hatten, machten wir uns am 10. Oktober für zwei Wochen auf nach Rupperath. In dem Dorf oberhalb der stark flutgeschädigten Orte Schuld und Insul an der Ahr haben die Dachzeltnomaden ihr Basis- camp. Bei ihnen wollten wir mitmachen. Die Dachzelt- nomaden sind eine Community, deren Mitglieder Zelte besitzen, die auf Autodächern montiert sind. Nach der Flutkatastrophe beschlossen sie, vor Ort zu helfen. Und weil im Ahrtal so unfassbar viel zu tun ist, sind sie einfach dort geblieben und haben die „Dachzeltnomaden Hilfs- organisation“ als gGmbH gegründet. In Rupperath angekommen lebten wir auf der Pferde- koppel: Diese war zur Campwiese umfunktioniert. Ich ließ mich dem Küchenpersonal zuteilen, mein Mann fuhr täg- lich auf wechselnde Baustellen. Dort wird hauptsächlich Putz von den Wänden gestemmt und Estrich entfernt. Die überfluteten Häuser müssen im betroffenen Bereich – häufig Keller, Erdgeschoss und 1. OG – komplett in den Rohbauzustand zurückversetzt werden, damit die Wände und Böden austrocknen können. Wir waren erschrocken, wie viel dort noch zu tun ist. Immer noch stellt sich bei dem einen oder anderen Haus heraus, dass es doch abge- rissen werden muss. Ein großes Problem sind dabei von Heizöl durchtränkte Mauern. Und selbst wenn ein Haus- besitzer versichert ist, hilft ihm das nichts, wenn er keine Handwerker bekommt. Auch deshalb ist das Ahrtal weiter dringend auf freiwillige Helfer angewiesen. Manchmal sind die Besitzer so traumatisiert, dass sie keine Kraft haben, etwas anzupacken. Wie die junge Familie, die mit Zahn- bürsten Legosteine putzte. Haus und Garten und waren noch vollständig vermüllt, mit Treibgut und Schlamm überzogen, alles Hab und Gut von der Flut weggespült. Wenn dann ein Trupp von 15 bis 20 Helfern mit Gerät und Generatoren anrückt, sieht man sehr schnell Fort- schritte und die Betroffenen bekommen wieder Zuver- sicht. Viele Anwohner durften zudem ewig nicht mit Auf- räumarbeiten anfangen, weil noch kein Gutachter da war. Das Küchenteam versorgt derweil täglich die Bewohner des schwer betroffenen Örtchens Insul mit einer warmen Mahlzeit. Am Wochenende werden hier mittags bis zu 240, abends bis zu 180 Portionen gekocht. Das ungeschulte und manchmal täglich wechselnde Team wird seit Tag 1 von einer jungen Köchin angeleitet, die nebenbei einen 8-Stunden-Job im normalen Leben absolviert. Das Camp wird durch Spenden unterhalten. Das sind zum einen Geldspenden, von denen Material, Werkzeuge, Sprit für die Fahrzeuge und Generatoren, Schutzausrüs- tung und teilweise Lebensmittel gekauft werden. Zum anderen Sachspenden. Einige Firmen stellen Autos, Busse und Anhänger kostenfrei zur Verfügung. Unser Eindruck nach 13 Tagen vor Ort: Mit Hochdruck wird an der Wiederherstellung der Infrastruktur gearbeitet. So steht die Wasserversorgung seit Ende Oktober wieder uneingeschränkt zur Verfügung. Bei den beschädigten Privathäusern geht es dagegen teils sehr langsam voran – und ohne die Helfer wäre man sicher nicht mal halb so weit. So kam für eine Woche eine 17-köpfige Berufsschul- klasse Zimmerleute mit zwei Lehrern aus Konstanz nach Rupperath und hat tagsüber Dachstühle entfernt – und abends am Lagerfeuer richtig viel gefeiert. Manche haben ihren kompletten Sommerurlaub hier verbracht. Viele Be- troffene wohnen in Rohbauten oder Ruinen. Andere sind DACHZELTNOMADEN IN RUPPERATH Zahnärztepaar hilft im Ahrtal Heike Schneider Drei Monate nach der Flutkatastrophe fuhren wir – die Zahnärzte Heike Schneider und Dr. Michael Schuhbeck – als freiwillige Fluthelfer ins Ahrtal. Ich kochte vor Ort, mein Mann arbeitete im Bautrupp. Zimmerleute auf einem entkernten Abriss-Haus. Die wiederverwendbaren Dachbalken werden abgebaut und gelagert. Zuerst hat‘s gebrannt, dann kam die Flut. Fotos: Schneider/Schuhbeck 10 | POLITIK

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