Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 111, Nr. 22, 16.11.2021, (2150) verwendet wird, galt beim Zahnputz- Check als Referenz. Im Ergebnis gelang es weder den Kin- dern noch den Jugendlichen, die in der Gruppenprophylaxe vermittelten Vorgaben hinreichend umzusetzen. Die Flächen wurden in beiden Alters- gruppen nicht gleichmäßig lange geputzt, obwohl die Putzdauer ins- gesamt im Durchschnitt über drei Minuten betrug. Dabei wurden aber insbesondere die Innenflächen ver- nachlässigt und/oder teilweise gar nicht geputzt. Die Außenflächen wurden von den meisten Kindern ausreichend lange geputzt, wobei diese insbesondere bei den 15-Jährigen im Fokus standen, wohingegen die Zehnjährigen den Kauflächen die meiste Aufmerksam- keit schenkten. Die oberflächenspezi- fischen Bewegungen (kreisend auf den bukkalen Flächen und vertikal auf den oralen Flächen) wurden von fast keinem Kind oder Jugendlichen korrekt durchgeführt. Auffällig war, dass mit steigendem Alter die Außenflächen vergleichs- weise ausgiebiger geputzt werden. Die Autoren erklären dies damit, dass das äußere Erscheinungsbild in diesem Alter an Bedeutung gewinnt. Alters- unabhängig seien die vorwiegend horizontalen Bewegungen. Dass die erlernten Methoden nicht konsequent umgesetzt werden, könnte unter anderem darin begründet sein, dass die Eltern diese nicht beherrschen und diese demzufolge im häuslichen Umfeld häufig nicht korrekt eingeübt werden. AUCH ELTERN SCHRUBBEN VOR ALLEM HORIZONTAL Die Daten der zeitgleich durchgeführ- ten Studie des Zahnputzverhaltens der Eltern bestätigten die Vermutung – der Zahnputzvorgang offenbarte bei den Erwachsenen ähnliche Mängel wie bei ihren Kindern. Zwar betrug die Gesamtputzdauer im Durch- schnitt über drei Minuten, allerdings fiel auch hier auf, dass insbesondere die Innenflächen unzureichend ge- reinigt wurden. So wurde beobachtet, dass 30 Prozent der Probanden min- destens einen Sextanten von oral überhaupt nicht putzten. Auch die vertikalen Bewegungen wurden nicht von allen Eltern ausgeführt – zumeist standen horizontale Schrubb-Bewe- gungen im Vordergrund. Es zeigte sich eine Tendenz zur vor- wiegenden Reinigung der sichtbaren Zahnflächen. Die Ineffektivität der Zahnpflege spiegelte sich in einem durchschnittlich hohen Plaqueindex nach der Reinigung wider, wobei auf- fiel, dass insbesondere der Zahn- fleischsaum nicht richtig gereinigt oder gar nicht einbezogen wurde. ELTERN UND IHRE KINDER HABEN ÄHNLICHE DEFIZITE Beide Studien zeigen, dass die Defi- zite in der Zahnputztechnik bei den Eltern und ihren Kindern durchaus Parallelen aufweisen. Die Vernach- lässigung der oralen Zahnflächen und die Bevorzugung horizontaler Schrubb-Bewegungen sind die auf- fälligsten Gemeinsamkeiten der Er- gebnisse beider Arbeiten. Da einige Kinder die in der Gruppen- prophylaxe erlernen Techniken um- setzten, betonen die Forschenden, dass die Defizite im Zahnputzver- halten nicht „an der Gestaltung der Prophylaxeprogamme liegen. [...] Wenn die erworbenen Zahnputz- gewohnheiten zu Hause den Maß- nahmen der Prophylaxeprogramme widersprechen, wird das Erlernen der in den Programmen vermittelten Inhalte erschwert“ [Deinzer et al., 2021]. Die Schlussfolgerung der For- schenden, dass eine starke Beeinflus- sung der Mundhygiene durch die Eltern erfolge, liegt nahe. Ein Groß- teil der Eltern, die an der Studie teilnahmen, hatten selbst allerdings keine Gruppenprophylaxe in der Kindheit erhalten. Die Studienergebnisse weisen auf die Bedeutung der Vorbildfunktion der Eltern für das Zahnputz-Verhalten ihrer Kinder hin. Es sind eben beson- ders die Eltern, die den Kindern das Zähneputzen beibringen und die sie täglich dabei kontrollieren und unterstützen. Laut Bundesverband der Kinderzahnärzte (BUKIZ) ist diese Unterstützung bis weit ins Grund- schulalter hinein notwendig. „Wenn die Eltern jedoch selbst nicht so ge- nau wissen, wie sie ihre Zähne sauber bekommen, wie sollen sie es dann ihren Kindern richtig beibringen?“, fragt Erstautorin Deinzer. Sie plädiert dafür, dass zusätzlich zur Gruppenprophylaxe für die Kinder auch deren Eltern Angebote zur GRUPPENPROPHYLAXE Die Grundlage zur Gruppenprophylaxe wurde 1988 geschaffen (§ 21 Abs. 1 SGB V). Dort heißt es: „Die Kranken- kassen haben im Zusammenwirken mit den Zahnärzten und den für die Zahn- gesundheitspflege in den Ländern zuständigen Stellen unbeschadet der Aufgaben anderer gemeinsam und ein- heitlich Maßnahmen zur Erkennung und Verhütung von Zahnerkrankungen ihrer Versicherten, die das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zu fördern und sich an den Kosten der Durchführung zu beteiligen. Sie haben auf flächen- deckende Maßnahmen hinzuwirken. In Schulen und Behinderteneinrichtungen, in denen das durchschnittliche Karies- risiko der Schüler überproportional hoch ist, werden die Maßnahmen bis zum 16. Lebensjahr durchgeführt. [...] Die Maßnahmen sollen vorrangig in Gruppen, insbesondere in Kitas und Schulen, durchgeführt werden; sie sollen sich insbesondere auf die Untersuchung der Mundhöhle, Erhebung des Zahn- status, Zahnschmelzhärtung, Ernährungs- beratung und Mundhygiene erstrecken. Für Kinder mit besonders hohem Karies- risiko sind spezifische Programme zu entwickeln.“ Zu den flächendeckend in Kindergärten und Schulen durchgeführten Maßnahmen gehören unter anderem eine kurze zahn- ärztliche Untersuchung und – gegebenen- falls – die Empfehlung zum Aufsuchen einer zahnärztlichen Praxis sowie alters- gerechte Instruktionen und Programme zur Verbesserung der häuslichen Zahn- pflege und zur Förderung einer zahn- gesunden Ernährung. 24 | ZAHNMEDIZIN

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