Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 111, Nr. 22, 16.11.2021, (2160) Zahnpräparate für Ausbildungs- zwecke intensiver zu nutzen und Schemazeichnungen nur noch in Ausnahmefällen zu verwenden. Eine weitergehende Nutzung für endodontische Ausbildungszwecke eröffnet sich dadurch, dass In-vitro- Behandlungen an bestimmten Schlüsselmomenten abgebrochen und sozusagen eingefroren werden. Der betreffende Zahn wird in dem ge- rade erreichten Zustand in ein trans- parentes Präparat überführt, in dem dann ein spezieller Aspekt genauer betrachtet werden kann. Interessant sind zum Beispiel folgende Situationen: \ die Fraktur einer Feile, deren Ursache festgestellt werden soll (Abbildung 5a), \ eine Blockade bei der Erschließung, die zunächst nicht nachvollziehbar ist, aber im durchsichtigen Präparat eine Erklärung findet, \ im Wurzelkanalverlauf liegende endodontische Aufbereitungs- instrumente oder eine EDDY-Spitze (Abbildungen 5b bis 5d), \ unterschiedlich präparierte apikale Widerstandsformen (Abbildungen 5e bis 5g), die in einer bestimmten Dimension präpariert worden sind und auf ihre Eignung geprüft wer- den sollen. Obwohl das Transparentmachen ein zerstörungsbehaftetes Verfahren ist, eignet es sich als Alternative zu Mikro-CT-Scans auch für wissen- schaftliche Untersuchungen. Nachuntersuchung von in vivo durchgeführten Wurzelkanal- behandlungen Die postoperative Beurteilung von Wurzelkanalbehandlungen be- schränkt sich auf Angaben der Patienten, auf die klinische Unter- suchung und auf klinische Röntgen- bilder, als Zahnfilm und in letzter Zeit auch als DVT. Erst nach ihrer Extraktion ist eine genaue Unter- suchung von klinisch wurzelkanal- behandelten Zähnen möglich. Der Aufwand kann sich durchaus loh- nen: Eine genaue Untersuchung der entfernten Zähne zeigt auf, welche technischen Behandlungsmaßnah- men nützlich, irrelevant oder gar schädlich waren. Außerdem können Veränderungen an der Zahnhartsub- stanz und dem anhaftenden Weich- gewebe erkannt werden, die entweder mit Heilung oder entzündlichen Ab- läufen verbunden sind. Eine allseitige Inspektion des frisch extrahierten Zahnes, eine erneute Inspektion des von Weichgewebe befreiten Zahnes und Röntgenaufnahmen in mesio- distaler Richtung sind dabei die ers- ten Untersuchungsmaßnahmen. Bereits mit diesen einfachen Mitteln können interessante Befunde zur Qualität der früher durchgeführten Wurzelkanalbehandlung erhoben werden, eventuell auch zur Ursache eines endodontischen Misserfolgs. Das Überführen der Zähne in trans- parente Präparate mit fotografischer Auswertung ist neben Histologie, Abb. 6: Warum konnte sich hier eine apikale Parodontitis entwickeln? Eine Ursachensuche: Zahn 47 war 16 Jahre nach einer Wurzelkanalbehandlung (WKB) noch klinisch und röntgenologisch unauffällig, doch dann entwickelte sich in den folgenden drei Jahren an dessen mesialer Wurzel eine akute apikale Parodontitis. a: klinisches Röntgenbild vor Extraktion: 19 Jahre nach WKB zeigt sich eine apikale Aufhellung an der mesialen Wurzel, die bis zur distalen Wurzel reicht. Die Wurzelkanalfüllungen könnten nach der Röntgenaufnahme als zu kurz eingeschätzt werden. b: extrahierter Zahn mit akut entzündlich verändertem Weichgewebe an den Wurzelspitzen c: Detailaufnahme der distalen Wurzelspitze vom Zahn als transparentes Präparat: Stufenpräparation im Bereich der nach distal gerichteten apikalen Krümmung; die apikale Endstrecke wurde nicht präpariert, sie enthält Guttapercha und der Querschnitt ist, vermutlich reaktiv, verengt. d: Detailaufnahme vom mesialen Apex, Ansicht von mesial: Die Arbeitslänge erweist sich als korrekt, es sind keine Reste apikaler Wurzelkanäle nachweisbar. Zwischen den beiden mesialen Wurzelkanälen erstreckt sich ein Isthmus (gestrichelte Linie), der von der WKB nicht erfasst worden war, aber mit grüner Tusche- suspension dargestellt werden konnte. Er hat über das singuläre apikale Foramen (Pfeil) eine Verbindung nach extra-radikulär. Hier muss die Ursache für die nach mehr als 16 Jahren aufgetretene apikale Parodontitis verortet werden. a b c d 34 | ZAHNMEDIZIN

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