Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 22

zm 111, Nr. 22, 16.11.2021, (2132) Mit Blick auf die laufenden Koalitions- verhandlungen von SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP hat die KZBV in einem Positionspapier konkreti- sierende Vorschläge vorgelegt, um die wohnortnahe, flächendeckende und qualitativ hochwertige zahn- medizinische Versorgung zukunfts- fest zu gestalten. Grundlage ist unsere Agenda Mundgesundheit 2021–2025. Unser erklärtes Ziel: Unabhängig von ihrem Wohnort und ihrem sozialen Status müssen die Menschen in diesem Land Zu- gang zur zahnmedizinischen Versor- gung haben und am medizinischen Fortschritt teilnehmen können. Um dies zu verwirklichen, sind die Freiberuflichkeit und die Selbst- verwaltung elementare Bestandteile. Diese zu erhalten und zu stärken sollte daher Richtschnur politischen Handelns sein. Der Forderung nach Stärkung der Selbstverwaltung ist der bisherige Bundesgesundheitsminister nicht nachgekommen – im Gegenteil. Eine neue Regierung sollte dringend ein Bekenntnis zur Freiberuflichkeit und zur Selbstverwaltung ablegen. Aus vertragszahnärztlicher Sicht besteht in den nächsten vier Jahren politischer Handlungsbedarf insbe- sondere auf den Themenfeldern: \ Prävention \ Versorgung vulnerabler Gruppen \ Digitalisierung und Entlastung der Zahnarztpraxen von Bürokratie \ Eindämmung der Vergewerblichung der Versorgung mit dem Ziel gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu erhalten Es ist sehr begrüßenswert, dass die Ampelparteien bereits in ihrem Son- dierungspapier festgehalten haben, Prävention und Vorsorge zum gesundheitspolitischen Leitprinzip ihrer Regierungsarbeit zu erheben und für eine gute, verlässliche Ge- sundheitsversorgung deutschland- weit Sorge zu tragen. Mit der neuen PAR-Richtlinie haben wir in diesem Jahr einen bedeutsamen Schritt zur Verbesserung der Therapie von parodontalen Erkrankungen getan. Als Nächstes wollen wir ein evidenz- basiertes Präventionskonzept der parodontalen Erkrankungen erstellen. Dazu haben wir die Bundeszahnärzte- kammer und die Deutsche Gesell- schaft für Zahn-, Mund- und Kiefer- heilkunde zur Mitarbeit aufgerufen. Besondere Aufmerksamkeit muss daneben weiterhin der Versorgungs- bedarf vulnerabler Gruppen erfahren. Unser Ziel hier ist, weitere Präven- tionsleistungen aus unserem Kon- zept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ – AuB-Konzept – in den Versorgungskatalog des BEMA zu implementieren. Als positives Signal werten wir auch die klare Aussage zum Erhalt des dualen Systems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Nun wird es darauf ankommen, mit welchen konkreten Inhalten und Maßnahmen diese Zielvorgaben in den Koalitionsverhandlungen gefüllt werden. Dazu bringen wir unsere Positionen und Vorschläge ein. Mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung benötigen die Praxen eine stabile, störungsfreie und sichere Telematikinfrastruktur mit versorgungsorientierten Lösungen. Grundlagen müssen die zahnärzt- liche Berufswirklichkeit und die Belange der Anwenderinnen und Anwender sein. Klar ist auch: Die Kosten für den digitalen Trans- formationsprozess der Praxen müssen refinanziert werden. Als große Gefahr für gleichwertige Lebensverhältnisse und eine wohn- ortnahe Patientenversorgung sieht die KZBV die fortschreitende Verge- werblichung durch die Ausbreitung von investorengetragenen MVZ: Dieses Problem muss die neue Regierung umgehend anpacken. Die bisherigen Regelungen sind nicht ausreichend und müssen fort- entwickelt werden. Zusätzlich bedarf es für mehr Transparenz und Patien- tenschutz einer Rechtsgrundlage für die Einrichtung von MVZ-Registern auf Bundes- und Landesebene. Und zu guter Letzt fordern wir die dauerhafte Aufhebung der Ver- gütungsobergrenzen in der vertrags- zahnärztlichen Versorgung über das Jahr 2022 hinaus. Die in der Corona-Pandemie aufgehobenen Obergrenzen der Gesamtvergütun- gen für die Jahre 2021 und 2022 haben gezeigt, dass vom vertrags- zahnärztlichen Versorgungsbereich keine Gefahr für die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Kranken- versicherung ausgeht. Gerade den jungen Vertragszahnärztinnen und -zahnärzten wird damit finanzielle Planungssicherheit gewährt und somit ein dringend erforderlicher Anreiz zur Niederlassung geschaffen. Es gibt also viel zu tun in den nächsten vier Jahren. Die Vertrags- zahnärzteschaft wird ihren Beitrag leisten, Gleiches erwarten wir von einer neuen Bundesregierung. Dr. Wolfgang Eßer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Foto: KZBV/baumannstephan.com Klare Forderungen an eine neue Regierung 06 | LEITARTIKEL

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