Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 111, Nr. 23-24, 1.12.2021, (2274) Sullenberger, der am 15. Januar 2009 155 Menschen das Leben rettete, als er in einer spektakulären Aktion mit einem Airbus A 320 auf dem New Yorker Hudson River notwassern musste. Kurz vor der Landung fragte er ins Cockpit hinein, ob jemand noch eine Idee habe. Sullenberger war mit 20.000 Flugstunden ebenfalls ein äußerst erfahrener Pilot und Aus- bilder wie van Zaanten. Er war sich jedoch im entscheidenden Moment nicht zu schade, das gesamte Team noch einmal zu fragen, ob er etwas übersehen habe. Diese „Confident Humility“, die von eigenem Selbst- bewusstsein getragene Demut vor der eigenen Fehlbarkeit sei eine der wichtigsten Voraussetzungen, auch komplizierte Situationen zu meistern, resümierte Schröder. INNOVATION GEHT NUR MIT GESCHÄFTSMODELL In Deutschland werde Innovation gern als etwas Technisches gesehen, das mittels Forschungsanstrengungen entwickelt wird und einen sichtbaren Nutzen abwirft. Das greife jedoch zu kurz und sei nur die Beschreibung einer Erfindung, erklärte Prof. Dr. Thomas F. Flemmig, Dekan der Zahn- medizinischen Fakultät und King- board Professor in Advanced Dentis- try an der University of Hong Kong, in seinem Vortrag. Eine Erfindung werde erst zu einer Innovation, wenn die neue Idee mit einem Geschäfts- modell kombiniert wird. Jede Erfin- dung müsse sich erst am Markt be- weisen und das sei keineswegs banal, sondern ein komplexer Prozess. Die meisten Erfindungen schafften es nicht zum Geschäftsmodell oder scheiterten am Markt, etwa wenn nach einem anfänglichen Erfolg den begeisterten Erst- und Frühanwen- dern der Technologie die Mehrheit der Kunden nicht folge, so Flemmig. Disruptive Innovationen in der Zahnmedizin? Die Steigerungsform von „Innova- tion“ ist die „disruptive Innovation“. Anders als beim einfachen Verbessern von Vorhandenem ist die „disruptive Innovation“ ein Werk der Zerstörung: Altes wird durch Neues nicht ver- bessert, sondern radikal ersetzt. Ent- sprechend attraktiv ist das Disruptive für Wissenschaftler, Unternehmer und nicht zuletzt Investoren. Welt- weit werden mit viel öffentlichem und privatem Kapital Innovations- cluster als Ökosysteme geschaffen, in denen nach disruptiven Technolo- gien der Zukunft gesucht wird. Welche Innovation sich schließlich am Markt durchsetzt und „disruptiv“ wirkt, ist freilich als Prognose schwer vorhersagbar. Flemming verwies auf die digitale Aligner-Technik, die das Potenzial zur Disruption habe. Bis- lang sei die Technologie noch fest in den Händen von Zahnmedizin und Kieferorthopädie. Ob sie sich erfolg- reich über Aligner-Start-ups direkt an den Patienten bringen lässt, sei aber noch völlig offen. Potenzial für dis- ruptive Innovationen sieht Flemming auch in der Kombination von Künst- licher Intelligenz (KI) und 3-D-Druck. Die Analyse radiologischer Auf- nahmen mittels KI könne künftig ebenfalls relevant werden. Diese Technologien könnten die etablierten Behandlungsverfahren nachhaltig verändern oder gar vollkommen ersetzen. nl/br Abb. 3: Eine große Herausforderung ist die Versorgung tief subgingivaler Zahnhartsubstanzdefekte. Prof. Dr. Diana Wolff, Heidelberg, stellte die als Alternative zur chirurgischen Kronenverlängerung entwickelte, weit weniger invasive Behandlung mit einer „R2-Restauration“ vor. Quelle: zm/br 24 | DEUTSCHER ZAHNÄRZTETAG 2021

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=