Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 111, Nr. 23-24, 1.12.2021, (2288) Stellenwert, um das Kollapsmuster, die Lokalisation (Naso, Oro- oder Hypopharynx) und das Ausmaß sowie die Form relevanter Stenosen darzustellen [Hochban, 2017]. An- hand dieser Ergebnisse erfolgt eine differenzialdiagnostische Planung für operative Eingriffe oder der Einsatz von Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) [Posnick, 2014; De Vito et al., 2017; Lechner et al., 2018; DGSM, 2020]. NICHTCHIRURGISCHE THERAPIE Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) Den „Goldstandard“ der evidenz- basierten Therapie stellt immer noch die CPAP dar. Die Indikation für die Einleitung einer Positivdrucktherapie wird ab einem AHI von 15/h gestellt [DGSM, 2017]. Bei der CPAP-Therapie wird ein konstanter Überdruck er- zeugt, der die oberen Atemwege offenhält. Der Druck verdrängt die Weichgewebe aus dem Atemweg und ermöglicht somit eine kontinuier- liche Atmung während des Schlafes ohne Atempausen [Ayas et al., 2006; Kushida et al., 2006; Randerath et al., 2014]. Dabei sollte die Einstellung und Einführung im Rahmen einer Polysomnographie durchgeführt wer- den, um den bestmöglichen Therapie- erfolg zu erzielen [Randerath et al., 2014a]. Unterkieferprotrusionsschienen Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) zielen darauf ab, den Unterkiefer während des Schlafes in einer protru- dierten Position zu halten [Aarab et al., 2011], um dadurch eine vorüber- gehende Vergrößerung des oropha- ryngealen Raumes zu fördern und folglich Obstruktionen zu reduzieren [Teixeira et al., 2013]. Sie wirken, indem sie die suprahyoidale Musku- latur nach anterior ziehen. Wird die Therapie mit einer progenierenden Schiene erwogen, muss die mögliche Unterkieferprotrusion evaluiert wer- den. Dabei wird gefordert, dass der Zahnarzt schlafmedizinisch ausgebil- det, zumindest aber laut Leitlinie schlafmedizinisch versiert ist. Weiter- führend werden ein Zahnstatus und ein klinisch funktioneller Befund von Kiefergelenk und Kaumuskulatur er- hoben, um Kontraindikationen aus- zuschließen. Kontraindikationen sind eine fehlende dentale Verankerungs- möglichkeit, ein parodontal geschä- digtes Gebiss sowie craniomandibu- läre Dysfunktionen, die keine aus- reichende Protrusion zulassen. Dies ist für die Therapieentscheidung von Bedeutung. Dadurch kann definiert werden, ob die Protrusion des Unter- kiefers mittels UPS Effektivität ver- spricht [DGSM, 2017]. Für die not- wendige Gewöhnung der Patienten an die UPS ist es wichtig, mit einer moderaten Protrusion – in der Regel 50 bis 70 Prozent des individuellen Protrusionswegs – zu beginnen und dann gegebenenfalls die Protrusion schrittweise anzupassen, bis eine aus- reichende Wirkung erzielt wird. Die- ser Vorgang wird Titration genannt. Sialorrhoe, aber auch eine Xerosto- mie können zu Beginn der Behand- lung als Nebenwirkung auftreten, die sich im Laufe der ersten vier Wochen in der Regel wieder normalisiert [Gong et al., 2013]. Bei einer Behand- lung über einen längeren Zeitraum sind Zahnbewegungen beschrieben worden [Martins et al., 2018]. CHIRURGISCHE THERAPIE Weichgewebschirurgie Bei den chirurgischen Verfahren wird zwischen resektiven und nicht-resek- tiven Operationsmethoden und den Gesichtsskelett-verlagernden Verfah- ren (Osteotomien) unterschieden. Zur chirurgischen Behandlung der OSA stehen mehrere HNO-ärztliche als auch MKG-chirurgische Interventions- möglichkeiten zur Verfügung. Bei Vergrößerung der Tonsillen des Rachens kann eine Adenotonsillekto- mie (AD/TE) erwogen werden. Dabei wird der Raum vergrößert, der durch die vergrößerte Anatomie teils verlegt und eingeengt wurde. Dieses operative Therapieverfahren stellt besonders bei hyperplastischen oder entzündlichen Vergrößerungen eine fundierte Maß- nahme dar, die Engstellen im Pha- rynx zu beheben [DGSM, 2017]. Die Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP) zielt auf die Reduktion und Straffung des weichen Gaumens und der Uvula ab. Dabei wird überschüs- siges Weichgewebe zum Teil entfernt sowie auch neu positioniert. Die Uvula wird dabei neu am Gaumen fixiert. In der HNO-Heilkunde haben Abb. 2: Therapie mit einer Unterkieferprotrusionsschiene (UPS) Abb. 2a bis 2c: 56-jähriger, männlicher Patient mit obstruktiver Schlafapnoe: Die ambulante Polygraphie vom 16.08.2019 (Schlaflabor des Klinikums Nürnberg ) ergab einen AHI von 32/h. Es erfolgte eine Behandlung mit einer CPAP-Maske mit 9 mbar. a: Bei nachfolgender CPAP-Intoleranz wurde auf eine UPS gewechselt. b: Bei moderater Titration (50 Prozent) hat die UPS aktuell einen 23 mm Verbinder. c: Da sich unter der UPS-Therapie eine deutliche Besserung des Schlafverhaltens gezeigt hat, wurde die empfohlene schlafmedizinische Kontrolle vom Patienten bisher nicht wahrgenommen. a b c Fotos: Praxis Prof. Lindorf, PD v. Wilmowsky & Kollegen 38 | ZAHNMEDIZIN

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