Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 111, Nr. 23-24, 1.12.2021, (2329) Daneben waren weitere osteolytische Läsionen zu verzeichnen, die sich sub- total über die gesamte Mandibula ver- teilten (Abbildung 1). Die Computer- tomografie des Unterkiefers bestätigte das Vorliegen multipler disseminierter osteolytischer Prozesse (Abbildung 4). Dieses Erscheinungsbild ist für lokal- umschriebene Kiefererkrankungen wie Zysten untypisch, so dass systemische Grunderkrankungen in Betracht ka- men. Die gezielte Nachfrage dies- bezüglich ergab seitens der Patientin Rückenschmerzen, insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule, die seit mehreren Wochen bestünden und zeitlich mit einem Gewichtsverlust korrespondierten. Die letzte gynäkolo- gische Kontrolle vor wenigen Mona- ten sei ohne Auffälligkeiten gewesen. Differenzialdiagnostisch mussten hämatoonkologische Erkrankungen berücksichtigt werden. Die durch- geführten laborchemischen Unter- suchungen ergaben diesbezüglich deutliche Hinweise (Proteinämie, Anämie und Niereninsuffizienz). Auf eine operative Intervention seitens der MKG-Chirurgie zur histologischen Untersuchung wurde vor diesem Hin- tergrund und bei hoher Frakturgefahr des Unterkiefers verzichtet. Statt- dessen erfolgte eine weiterführende Abklärung über die Universitätsklinik für Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Magdeburg. Anhand spezifischer Laborunter- suchungen wie Eiweißelektrophorese und Immunfixation einschließlich Knochenmarkspunktion konnte die Diagnose Multiples Myelom gesichert werden. Die Ganzkörper-Low-Dose- CT ergab einen multifokalen Befall weiterer Teile des Skeletts (Abbildung 5) mit Kompressionsfraktur des drit- ten Halswirbelkörpers. Eine gezielte kombinierte Therapie mit Bortezo- mib, Lenalidomid, Dexamthason so- wie Denosumab wurde in kurativer Intention binnen einer Woche einge- leitet. Zahnärztlich-chirurgischer Sa- nierungsbedarf ergab sich bezüglich der Einleitung der antiresorptiven Therapie nicht. Eine konservierende sowie eine Parodontaltherapie über den Hauszahnarzt wurden empfohlen. Zur Stabilisierung der Halswirbel- fraktur erfolgte zeitnah eine Radiatio. Über die hochgradige Frakturgefahr des Unterkiefers wurde die Patientin eingehend aufgeklärt und eine Er- nährung mit ausschließlich flüssig- weicher Kost vereinbart. Eine mandi- bulomaxilläre Ruhigstellung wurde vorbehalten. Bei den regelmäßigen Nachkontrollen ergab sich sechs Monate nach Therapieeinleitung ein insgesamt stabilisierter Unterkiefer ohne Anhalt für eine Fraktur. Foto: Melitta Schubert, Universitätsklinik Magdeburg Abb. 2: Extraorale Aufnahme: Die Pfeile deuten auf eine dezente Auftreibung des Unterkiefers rechts hin. Foto: Melitta Schubert, Universitätsklinik Magdeburg Abb. 3: Intraorale Aufnahme: Prallelastische Schwellung im Bereich des Vestibulums des Unterkiefers rechts ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. DR. MED. DR. MED. DENT. FELIX SCHUSTER Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg felix.schuster@med.ovgu.de Foto: Melitta Schubert, Universitätsklinikum Magdeburg DR. MED. DENT. TAREK STANARIUS Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg ZHIBIN XU Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg ZAHNMEDIZIN | 79

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