Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 112, Nr. 01-02, 16.1.2022, (52) INTERVIEW MIT DR. DÖRTHE FISCHER „RESSOURCENSCHONUNG SOLLTE ZUM FESTEN BESTANDTEIL DER UNTERNEHMENSFÜHRUNG GEHÖREN“ Zahnärztin und Heilpraktikerin Dr. Dörthe Fischer ließ sich nach 13 Jahren in einer Gemeinschaftspraxis 2019 in eigener Praxis im Herzen Würzburgs nieder. Sie arbeitet mit einem fünfköpfigen Team, ihr Angebot reicht von ästhetischer Zahnmedizin bis zu Homöopathie und Naturheilverfahren. Beim Wettbewerb „Die Grüne Praxis“ gehörte sie zu den 22 Preisträgern. Wie kamen Sie zum Umweltschutz? DR. DÖRTHE FISCHER: 2017 habe ich privat mit der Imkerei begonnen. Die Arbeit in und mit der Natur hat meinen Blickwinkel stark beeinflusst. Damals war ich noch in einer Gemeinschaftspraxis tätig und das Praxiskonzept war ein kom- plett anderes. Zugunsten der Wirtschaft- lichkeit wurde bewusst auf Nachhaltigkeit verzichtet. Im Rahmen meiner eigenen Niederlassung habe ich mir daher sehr viele Gedanken zu Green Dentistry gemacht. Häufig kann man bereits mit kleinen Änderungen einen Beitrag leisten: Ein kleiner Schritt für uns, ein großer Schritt für die Umwelt. Nennen Sie mal ein paar kleine Schritte. Wir haben Ökostrom. Und bei den Mund- spülbechern haben wir auf Edelstahlbecher umgestellt. Diese sind nahezu unbegrenzt lange wiederverwendbar und im Thermo- desinfektor hygienisch aufbereitbar. Außer- dem gibt es bei uns keine Einmal-Patienten- umhänge aus Kunststoff – wir verwenden Baumwolltücher, die in der Waschmaschine mit einem RKI-gelisteten Desinfektionswasch- mittel wiederaufbereitet werden. Wie sahen denn die Rückmeldungen aus? Durchweg positiv. Wir hoffen, dass wir noch viele andere Kollegen und Kollegin- nen zum Umdenken bewegen können. Die Patienten haben durch die Umstellungen erst bemerkt, was bei jeder zahnärztlichen Behandlung an Abfall anfällt. Meine Mit- arbeiterinnen haben mich von Anfang an in meinem Praxiskonzept unterstützt und bringen immer wieder Ideen ein, die zahn- ärztliche Arbeit nachhaltiger zu gestalten. Was für Ideen sind das? Polierpasten ohne Mikroplastik oder Pa- tientenzahnbürsten aus nachwachsenden Rohstoffen wie zum Beispiel Bambus. Welche monetären Folgen hatten die Maßnahmen? Langfristig gesehen denke ich, dass sich die Investitionskosten amortisieren, und für die Umwelt haben wir zusätzlich noch etwas getan. Eine Win-win-Situation also. Als Nächstes muss das von uns bisher gelebte QM-System noch mehr auf Nach- haltigkeit ausgerichtet werden: Das heißt, mehr Digitalisierung von Prozessdokumen- tationen, um Ressourcen zu schonen. Wo sehen Sie die Herausforderungen? Die größte Herausforderung wird die Ökonomie der nachhaltigen Zahnmedizin sein. Die langfristigen ökologischen Folgen bei der Wahl für ein Produkt sollten ent- scheidender sein als der Preis. Ein nach- haltiges Wirtschaften im Hinblick auf die effiziente Gestaltung von Arbeitsprozes- sen und Ressourcenschonung sollte fester Bestandteil der Unternehmensführung sein, um auch zukunftsfähig zu bleiben. Was muss als Nächstes passieren? Die meisten Einwegprodukte wie Hand- schuhe, Mundschutze, Mundspülbecher und Servietten werden in Fernost herge- stellt und haben lange Transportwege. Hier ist die Politik gefragt, um Anreize zu schaffen, damit auch in der Dental- industrie ein Umdenken stattfindet und der Schwerpunkt der Produktion nach Europa verlegt werden kann. Welche Bedeutung haben bei dem Umdenken Auszeichnungen? Wir freuen uns natürlich über die Aus- zeichnung „Die Grüne Praxis“. Sie bedeu- tet für uns Dank und zugleich Ansporn, Green Dentistry noch mehr zu leben. wenn machbar eigene dezentrale Energieerzeugungs- systeme zu nutzen wie Solarthermie- oder Photo- voltaik-Anlagen, eine Hackschnitzelheizung oder Erd- wärmepumpe. Außerdem sollten Praxisbetreiber ein modernes Heizmanagement implementieren, die Nut- zung von Lüftungs- und Klimaanlagen minimieren und eine möglichst effiziente Nutzung (bei Neubau außerdem Dimensionierung) der Räume und Infra- struktur sicherstellen. REDUCE-REUSE-RECYCLE Die strikte Trennung von klinischem und nicht-klini- schem Abfall hat ein großes Nachhaltigkeitspotenzial, schreiben die Experten. So hat eine Studie 2016 ge- zeigt, dass Papier und Nitril den höchsten Anteil am Gesamtabfall einer britischen Zahnarztpraxis aus- machen. Erfolgt keine Trennung, kann dies dazu füh- ren, dass nicht-klinischer Abfall im klinischen Abfall- strom entsorgt wird, was für die Praxis höhere Kosten und für die Gemeinschaft eine potenziell vermeidbare Umweltschädigung bedeuten kann. Auch hier verwei- sen die Umweltschützer noch einmal auf das interne Audit, das unnötige Müllentstehungen und Verbesse- rungspotenziale sichtbar machen kann. Zur Müllvermeidung gehört auch die Anschaffung möglichst wertiger Geräte, die bei regelmäßiger War- Foto:: privat Foto: AdobeStock_Halfpoint 54 | POLITIK

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