zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (189) auf den Sensibilitätstest mit Kältespray erfolgte keine Reaktion. Apikal des Zahnes war klinisch eine prallelastische Schwellung zu palpieren. Im Unterschied zum Zahn 21 stand der Zahn 11 circa 4 mm in Infraposition nach apikal verschoben – und es wurde ein Lockerungsgrad II diagnostiziert (Abbildungen 1 und 2). Die Patientin hatte nur geringfügige Beschwerden, bemängelte aber die zunehmende Lockerung des Zahnes. Am Tag der Untersuchung erfolgte eine neue Einzelzahnaufnahme, auf der eine externe entzündliche Resorption der Wurzel des Zahnes diagnostiziert werden konnte (Abbildung 3). Das Wurzelwachstum an den Zähnen 12, 21 und 22 erschien dagegen regelgerecht und altersentsprechend. THERAPIEOPTIONEN Nach einer ausführlichen Aufklärung über die fragliche Prognose von Zahn 11 wurde eine Wurzelkanalbehandlung als Zahnrettungsversuch eingeleitet. Zusammen mit den Eltern wurde entschieden, dass alles versucht werden soll, um den Zahn zu erhalten. Als Therapiealternative wurde die Entfernung des Zahnes besprochen. Zur Versorgung der dann entstehenden Einzelzahnlücke wurde die Anfertigung einer Marylandbrücke oder eines Drahtklammerprovisoriums vorgeschlagen. Die Möglichkeit einer späteren, etwa im Alter von zehn bis zwölf Jahren durchzuführenden Autotransplantation eines Oberkieferprämolaren an die Stelle des Zahnes 11 als Lückenersatz wurde erläutert. Aufgrund der stark resorbierten Wurzel wurde der Versuch einer Revitalisierung unternommen. Die Indikationen für die Revitalisierungsbehandlung eines Zahnes können ein nicht abgeschlossenes Wurzelwachstum, eine nekrotische Pulpa sowie eine periapikale Entzündung mit oder ohne Fistelbildung sein [Hülsmann und Schäfer, 2019]. Ein weiterer wichtiger Faktor für den Versuch einer regenerativen endodontischen Therapie ist die Compliance der meist sehr jungen Patientinnen und Patienten. BEHANDLUNG Erste Sitzung Für die Behandlung wurde der Zahn zunächst mit einer Infiltrationsanästhesie (Septanest Adrenalin 1:200.000, Septodont, Niederkassel, Deutschland) betäubt und zwecks Einhaltung aseptischer Kautelen Kofferdam gelegt. Die Isolation mit Kofferdam stellt sich bei stark verkürzten, mobilen, juvenilen Frontzähnen oft als komplexer Behandlungsschritt heraus, ist aber für die Behandlung und die Desinfektion des Wurzelkanals obligatorisch. Mithilfe von Ligaturen, Kompositaufbauten oder flüssigem Kofferdam kann eine Abdichtung des endodontischen Arbeitsfeldes zusätzlich zum konventionellen Kofferdam gelingen und das antiseptische Arbeiten ermöglichen. Nach der Trepanation erfolgte eine spontane Pusentleerung. Eine abgekapselte Eiterblase konnte im Ganzen entfernt werden (Abbildung 4). Initial wurde der Wurzelkanal des Zahnes mit Natriumhypochlorit (3 Prozent) gespült und mit einer Hedströmfeile ISO 80 vorsichtig instrumentiert, um das nekrotische Gewebe zu entfernen. Nach einem anschließenden, ausführlichen Spülprotokoll mit Natriumhypochlorit (3 Prozent), Zitronensäure (20 Prozent) und Chlorhexidin (2 Prozent) wurde der Wurzelkanal mit sterilen Papierspitzen getrocknet und mit einer wässrigen Kalziumhydroxid-Suspension als medikamentöse Einlage versorgt. Abb. 3: Diagnostisches Röntgenbild Abb. 4: Aus dem Wurzelkanal entfernter Pus Abb. 5: Vor der Wurzelkanalfüllung ZAHNMEDIZIN | 35
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