zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (192) setzen. Im Zuge der knöchernen Heilung konnte der Zahn seine Infraposition schon nach sechs Monaten ausgleichen und war nach 18 Monaten stabil in der parallelen Position zum zeitgerecht entwickelten Zahn 21 (Abbildungen 9 und 10). DISKUSSION Röntgenologisch zeigt sich der Apex des Zahnes 11 frei von Pathologien. Die apikale Parodontitis ist vollständig ausgeheilt und verknöchert. Apikal des Biodentine-Plugs ist erkennbar, dass sich Knochen in den offenen Apex angelagert hat. Eine weitere Resorption der Wurzel konnte unterbunden werden, jedoch erfolgte kein Wurzelwachstum in Länge und Breite der Wurzel. In einer Untersuchung von Andreasen et al. wurde gezeigt, dass die kurze extraorale Lagerung eines avulsierten Zahnes keinen signifikanten Einfluss auf die Entwicklung des Wurzelwachstums hat – ab 45 Minuten extraoraler Lagerungszeit kann das Wurzelwachstum jedoch negativ beeinflusst werden [Andreasen et al., 1995 / 3]. Nach Angaben der Mutter wurde Zahn 11 mehrere Stunden extraoral gelagert. Im Unterschied zu Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum können Stammzellen in der apikalen Papille bei Zähnen mit offenem Apex noch vorhanden sein [Sonoyama et al., 2008]. In einer Untersuchung von Lovelace et al. wurde im Rahmen einer regenerativen endodontischen Behandlung an Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum nach der Einblutung eine Blutprobe entnommen. In dieser Blutprobe konnte eine 600-fache Erhöhung von Stammzellmarkern im Vergleich zu venösem Blut nachgewiesen werden [Lovelace et al., 2011]. Die Odontoblasten sind langlebige postmitotische Zellen und unterliegen der kontinuierlichen Erneuerung, weshalb die im Pulpagewebe befindlichen Stammzellen nicht der Homöostase, sondern der Reparatur von Verletzungen der Odontoblasten dienen. Es hat sich gezeigt, dass Stammzellen der Zahnpulpa (DPSCs), Stammzellen aus humanen abgeblätterten Milchzähnen (SHED) und Stammzellen aus apikaler Papille (SCAP), die aus dem Pulpagewebe oder der Vorstufe von Pulpagewebe gewonnen werden, sich zu einem Dentin-Pulpen-Komplex regenerieren können [Lin et al., 2014]. Ob die apikale Papille noch intakt ist, besonders bei apikaler Parodontitis, lässt sich klinisch nicht feststellen. Eine weitere Theorie besagt, dass die Stammzellen, die über eine induzierte Blutung in den Kanal gebracht werden, auch vom Periapex aus den parodontalen Ligamentzellen stammen können [Lin et al., 2014]. Über das Freisetzen von Stammzellen erhofft man sich mittlerweile weniger eine Regeneration der Pulpa in ihrer originalen Architektur und Funktion als FAZIT FÜR DIE PRAXIS Auch bei komplex traumatisierten Zähnen mit fraglicher oder gar hoffnungslos erscheinender Prognose sollte gerade bei jungen Patienten immer der Versuch des Zahnerhalts unternommen werden, um einen Stillstand des Knochenwachstums und komplexe, restaurative Probleme im jungen Alter zu vermeiden. Angesichts der drohenden unbefriedigenden Situation nach einem Zahnverlust sind auch aufwendige Bemühungen um den Zahnerhalt gerechtfertigt. Durch das Stoppen der Resorption und die knöcherne Regeneration der apikalen Osteolyse verbessert sich die Prognose des Zahnes. Im vorliegenden Fall konnte das Ziel, den Zahnverlust im jugendlichen Alter zu verhindern, bislang erreicht werden. Unabhängig davon kann das wieder in Gang gesetzte Knochenwachstum mit den entsprechenden Heilungsprozessen bereits heute als Erfolg gesehen werden. Abb. 8: Röntgenkontrollaufnahme der Wurzelkanalfüllung Abb. 9: Klinische Kontrolle von Zahn 11 nach 18 Monaten 38 | ZAHNMEDIZIN
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