zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (197) „Es sei nicht erforderlich, dass ich in dem Raum erscheine und Patienten untersuche oder Kontrollen durchführe. Die Patienten würden eine Bescheinigung vom Zahnarzt vorlegen müssen, dass bei ihnen alles okay sei und ,sie keinen Mundkrebs‘ haben“, berichtet sie weiter. Sie trage keinerlei Verantwortung, hafte für nichts, das mache die Zahnärztin ,Christin‘, die aus der Ferne die Scans beurteile, die Planungen mache und für alles die Verantwortung trage. „Kontrollen des Behandlungsverlaufs fänden nicht statt, seien nicht notwendig, außer der Patient habe ein Problem, aber dann wende er sich an ,Christin‘, nicht an mich.“ SDC wollte die Kieferorthopädin auch mit der Aussicht auf lukrativen Beifang ködern: Sie werde davon profitieren, dass SDC ihr Patienten in die Praxis hole für Behandlungen, die sie vielleicht mit Alignern nicht machen können. ZAHNHEILKUNDE GEHÖRT NICHT IN EINEN KIOSK Nach Auffassung der Zahnärztekammer Nordrhein – die erneut vor gewerblichen Aligner-Start-ups warnt – dürfte das Angebot von zahnärztlichen Leistungen in dieser Form überhaupt nicht existieren. „Wir benötigen klare gesetzliche Vorgaben auf Bundesebene, damit nicht berufsfremde Dritte Zahnheilkunde anbieten”, forderte Hausweiler, „denn Zahnheilkunde gehört nicht in einen Kiosk.” mg SDC STOPPT NEUKUNDENGESCHÄFT IN DEUTSCHLAND Der aus den USA stammende Aligneranbieter SmileDirectClub (SDC) hat aktuell das Neukundengeschäft in Deutschland, Österreich und den Niederlanden ausgesetzt. „Wir nehmen derzeit keine neuen Clubmitglieder [...] auf. Wenn du bereits Clubmitglied bist, kannst Du sicher sein, dass deine Behandlung ohne Unterbrechung fortgesetzt wird“, heißt es auf der Website des in 14 weiteren Ländern (Übersee sowie Großbritannien, Irland, Frankreich und Spanien) tätigen Anbieters. Die Frage der zm, ob sich SDC aus dem Neukundengeschäft in Deutschland dauerhaft zurückziehen will, blieb – wie weitere Nachfragen zum NDR-Bericht – bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe unbeantwortet. Zwei bis drei Jahre wird die weitere Behandlung von Celine bei Braun-Durlak noch einmal dauern und mit erheblichen Kosten verbunen sein. Ob die junge Frau von DrSmile Schadenersatz bekommen wird, ist offen. Sie lässt den Fall aktuell von Rechtsanwalt Stephan Gierthmühlen prüfen. Foto: NDR Markt, Sendung vom 13. Dezember 2021 Patientin funktionelle Probleme angab (immerhin wurde sie dort danach gefragt) und von einem Kiefergelenkknacken berichtete, nahm er das allerdings nicht zum Anlass, sich das Kiefergelenk und den Biss einmal anzusehen sondern sagte: „Da haben Sie sich wahrscheinlich verlegen.“ Interessant. Auf Nachfrage von zm, warum die Kiefergelenksprobleme der Lockvogelpatientin nicht erkannt wurden, schreibt PlusDental, es erfolge „immer eine umfassende persönliche Untersuchung der PatientInnen. Dazu gehört bei vorliegender Indikation im Speziellen auch das Kiefergelenk. [...] Bei der Patientin wurde daher ein CMD-Kurzbefund gemacht, bei dem die Untersuchung von Kiefergelenksbeschwerden aufgenommen wurde. Dabei wurde keine CMDSymptomatik festgestellt. Dies wurde entsprechend in der Behandlungsakte dokumentiert“ – und entspreche „auch explizit der Selbstanamnese der Patientin, die im Anamnesebogen vor der Behandlung keine Kiefergelenksbeschwerden angegeben hat“. Ich war vor Ort und kann bezeugen, dass keine „umfassende Untersuchung“ stattfand. Obwohl die Patientin Kiefergelenksprobleme angab, wurde weder das Kiefergelenk untersucht noch wurde überhaupt bei der Untersuchung der Biss untersucht. Gescannt wurde in IKP, aber es wurde vorher nicht nachgesehen, ob vielleicht eine Diskrepanz zwischen RKP und IKP vorliegt, was gerade bei der Angabe von funktionellen Problemen wichtig ist. Es ist schlicht gelogen, dass bei der Patientin ein CMDKurzbefund gemacht wurde. Auf die Angabe der Kiefergelenksbeschwerden veranlasste der Zahnarzt nichts. Ob die Patientin im Anamnesebogen die Kiefergelenkbeschwerden angegeben hat, weiß ich nicht. Ihr war beim Ausfüllen als Laie jedenfalls gar nicht bewusst, dass das eine Relevanz hat. Es spielt auch keine Rolle, ob sie es dort angekreuzt hat. Sie hat es bei der Befragung angegeben, das genügt. Sie haben im Anschluss für den NDR die Behandlungspläne begutachtet. Zu welcher Bewertung kommen Sie? Gab es auffällige Unterschiede zwischen den Anbietern? Meine Bewertung der drei Behandlungspläne wurden exakt von Prof. Bernd Lapatki, Ulm, und von Prof. Peter Proff, Regensburg, dem Vorsitzenden der DGKFO, bestätigt: Die Pläne von SDC und von DrSmile waren so schlecht, dass klar war, dass sie nie funktionieren würden. Der einzige Plan, der funktioniert hätte und plausibel war, war der von PlusDental. Allerdings wurde dort die Lücke, die die Patientin störte, einfach an eine andere Stelle verschoben. Das Gespräch führte Marius Gießmann. POLITIK | 43
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