zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (220) SCHWELLUNG DER MUNDSCHLEIMHAUT Gingivawucherung entpuppt sich als leukämische Zellinfiltration Karina Obreja, Carla Schliephake, Yanislava Lermen, Björn Steffen, Talal Aldiri, Hari Petsos, Frank Schwarz Anzeichen einer Leukämie können sich in der Mundhöhle manifestieren. Deshalb kann die oralmedizinische Untersuchung eine essenzielle Bedeutung bei der Früherkennung hämatologischer Erkrankungen spielen und den Ausgangspunkt für die Diagnose darstellen. Der vorliegende Fall zeigt, wie die Abklärung eines auffälligen Gingivabefunds zur Diagnose „akute myeloische Leukämie“ führte. Ein 65-jähriger Mann stellte sich zwecks Abklärung einer seit drei Wochen bestehenden Veränderung der Mundschleimhaut im Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZZMK, Carolinum) der Johann Wolfgang Goethe-Universität vor. Der Ernährungs- und der Allgemeinzustand des Patienten waren unauffällig. Ursprünglich war er von seinem Hauszahnarzt in die Poliklinik für Parodontologie überwiesen worden. Nach der klinischen Untersuchung dort erschien eine primär durch Plaque oder Medikamente induzierte Gingivawucherung unwahrscheinlich. Daraufhin erfolgte die Überweisung in die Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie zur weiterführenden Abklärung. Der Patient berichtete, die Schwellung habe im zweiten Quadranten begonnen und sich dann über die weiteren drei Quadranten ausgebreitet. Die durch den Hauszahnarzt durchgeführte subgingivale Instrumentierung in Kombination mit einer systemischen Antibiotikagabe habe zu keiner Besserung geführt. In der Allgemeinanamnese gab der Patient Bluthochdruck an, weshalb er bereits seit circa acht Jahren einen Beta-Blocker (Bisoprolol) einnimmt, bisher ohne Nebenwirkungen. Nikotin- und Alkoholkonsum wurden verneint. Im Nebensatz erzählte der Patient jedoch von einer seit einigen Wochen anhaltenden Abgeschlagenheit. Eine B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, auffällige Gewichtsabnahme innerhalb der vergangenen sechs Monate) verneinte er. Tumorerkrankungen in der Familie waren ihm nicht bekannt. Bei der Erstuntersuchung im Rahmen der Mundschleimhautsprechstunde waren extraoral keine auffälligen Befunde ersichtlich. Intraoral zeigte sich ein konservierend und prothetisch versorgtes Gebiss. Die Zähne wiesen erhöhte Sondierungstiefen (durchschnittlich 7–8 mm, maximal 11 mm) mit generalisierter Blutung auf Sondierung (BOP 65 Prozent) und einer Furkationsbeteiligung I. Grades an den Molaren 17, 16, 26, 37 und 47 Abb. 2: Intraorale Aufnahme (Frontalansicht) bei Erstvorstellung Foto: Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie DR. MED. DENT. KARINA OBREJA Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt, Carolinum Zahnärztliches Universitäts-Institut gGmbH Theodor-Stern-Kai 7, Haus 29, 60596 Frankfurt am Main obreja@med.uni-frankfurt.de Foto: privat 66 | ZAHNMEDIZIN
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=