zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (225) 31 Prozent der Patienten mit der Diagnose einer akuten Leukämie weisen orale Symptome auf, wobei orale Blutungen am häufigsten festgestellt werden können (12,9 Prozent), gefolgt von einer Gingivawucherung (5,7 Prozent) [Watson et al., 2018]. Bei der Therapie der AML unterscheidet man zwischen der Symptom-orientierten supportiven und der antileukämischen Therapie. Die supportive Behandlung besteht vor allem aus der Infektionsprophylaxe, der Substitution von Erythrozyten und Thrombozyten und der konsequenten Behandlung von Infektionen. Die Wahl der antileukämischen Therapie wird von der spezifischen Unterform der Erkrankung und der allgemeinen Gesundheit des Patienten bestimmt. Intensive TherapieProtokolle bestehen aus mehreren Blöcken stationär zu verabreichender Chemotherapie und in vielen Fällen einer nachfolgenden allogenen Knochenmarktransplantation. Ziel dieser intensiven Therapie ist die Heilung der Erkrankung. Aufgrund eines hohen Lebensalters oder wegen Komorbiditäten muss jedoch von diesem Ziel häufig Abstand genommen werden. Die Patienten erhalten dann in palliativer Absicht eine ambulant verabreichbare niedriger dosierte Therapie mit einer Kombination verschiedener Chemotherapeutika mit dem Ziel, das Wachstum der Leukämie einzuschränken. Ein Zurückgehen der Gingivawucherung (der leukämischen Zellinfiltration) und anderer extramedullärer Manifestationen ist durch diese Therapien in der Regel zu beobachten. Die FünfjahresRezidivfreiheit liegt bei jüngeren, intensiv behandelbaren Patienten, abhängig vom Typ der AML, bei 30 bis 40 Prozent [Herold et al., 2018]. Patienten mit einem Erkrankungsalter über 65 Jahre haben jedoch trotz intensiver Bemühungen noch immer eine ernste Prognose. \ Abb. 7: Intraorale Aufnahme (Frontalansicht) drei Wochen nach Erstvorstellung Foto: Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie FAZIT FÜR DIE PRAXIS Die Akute Myeloische Leukämie ist eine seltene, lebensbedrohliche Erkrankung, die häufig mit extramedullären Manifestationen einhergeht. Ein typischer Manifestationsort ist die Gingiva. \ Gerade bei älteren Patienten sollte, nach Ausschluss einer biofilminduzierten entzündlichen Ursache, systemischen Grunderkrankungen oder der Einnahme bestimmter Medikamente, bei Gingivawucherungen immer die Differenzialdiagnose einer AML bedacht werden. \ Die diagnostische Prozedur der Wahl sollte die Durchführung eines Differenzialblutbildes sein, mit dessen Hilfe die Verdachtsdiagnose schnell und kostengünstig ausgeschlossen werden kann. ZAHNMEDIZIN | 71
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