zm112, Nr. 4, 16.2.2022, (301) ventionsorientierung und interprofessionellen Zusammenarbeit innovative Arbeitsmodelle entwickelt werden. Die Aus- und Weiterbildung soll kompetenzbasiert erfolgen und auf die Mundgesundheitsbedürfnisse der Bevölkerung abgestimmt sein; Public-Health-Aspekte und Umweltauswirkungen auf die Mundgesundheit mit eingeschlossen sein. Ein breit gefächerter Teamansatz soll auf das Zusammenwirken von Zahnärzten und zahnärztlichem Praxispersonal abzielen. Auch die Arbeit von gemeindebasiertem Gesundheitspersonal soll mit eingebunden werden, heißt es in dem WHO-Papier. Es geht auch darum, die Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit aufzuzeigen: etwa bei der Komorbidität von oralen Erkrankungen und anderen nichtübertragbaren Erkrankungen – beispielsweise dem Zusammenhang zwischen Parodontitis und Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch soziale Determinanten der Mundgesundheit oder Maßnahmen zur Reduzierung des Zucker- und Alkoholkonsums gehören dazu. ABER WIESO SIND VERBÄNDE TEIL DER PRIVATWIRTSCHAFT? Ein großer Kritikpunkt an dem WHO-Strategiepapier aus Sicht der FDI ist allerdings die Einordnung von Zahnärzteverbänden: Ihre Rolle für die Mundgesundheit in der Gesellschaft werde nicht gebührend anerkannt, heißt es in der Stellungnahme der FDI. Sie würden dort ungerechtfertigter Weise der Privatwirtschaft (private sector) zugerechnet. „Und dies, obwohl Berufsverbände tatsächlich ein Kernelement der Zivilgesellschaft sind“, rügt die FDI. Berufsverbände wurden bisher von der WHO immer als Mitglieder der Zivilgesellschaft anerkannt. Auch Zahnärztekammern und andere Berufsverbände im Gesundheitswesen waren dort korrekt eingestuft. „Wir drängen darauf, dass diese Fehlklassifizierung korrigiert wird“, so die FDI. „Wir sind unabhängige, gemeinnützige Organisationen, die sich der Förderung der Mundgesundheit verschrieben haben, wir sind kein Privatsektor.“ Auch aus Sicht der Bundeszahnärztekammer ist die „Globale Strategie für Mundgesundheit“ ein wichtiger Schritt. Ihrer Auffassung nach zielt sie in erster Linie darauf ab, die politische Aufmerksamkeit für eine generelle Berücksichtigung der Mundgesundheit im Rahmen der nationalen Gesundheitspolitik zu erhöhen, sowie kontinuierlich den Schwerpunkt von der kurativen auf die präventive Zahnmedizin zu verlagern. Gefördert werden soll eine auf den Menschen ausgerichtete Mundgesundheitsfürsorge, die den gesamten Lebensbogen abdeckt und dafür auch digitale Technologien besser nutzt. pr Das WHO-Papier folgt auf die „Resolution zur Mundgesundheit“, die von der WHO im Mai 2021 verabschiedet wurde. Es soll weiter überarbeitet und der WHO-Vollversammlung im Mai 2022 zur endgültigen Annahme vorgelegt werden. Im nächsten Schritt wird ein Aktionsplan in Absprache mit den WHO-Mitgliedstaaten entwickelt, der als Fahrplan für den Integrationsprozess der Mundgesundheit in die Gesundheitspolitik dienen und konkrete Messpunkte für den Erfolg von Strategien zur Verbesserung der Mundgesundheit definieren soll. „WIR SIND KEINE PRIVATWIRTSCHAFTLICHEN ORGANISATIONEN!“ Zur Einordnung der WHO-Initiative: „Im Mai 2021 nahm die Weltgesundheitsversammlung der WHO die Resolution WHA74.5 zur Mundgesundheit an und forderte den Generaldirektor auf, in Absprache mit den Mitgliedstaaten, einen Entwurf für eine globale Strategie zur Bekämpfung von Mundkrankheiten zu entwickeln. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die globale Bedeutung der wichtigsten Mundkrankheiten für die öffentliche Gesundheit anzuerkennen, und zeigt, dass der politische Wille vorhanden ist, Fragen der Mundgesundheit anzugehen. Die Strategie wird in die Entwicklung eines globalen Aktionsplans zur Mundgesundheit einfließen, der auch einen Rahmen für die Verfolgung der Fortschritte mit klaren, messbaren Zielen bis zum Jahr 2030 enthält. Es besteht auch Einigkeit darüber, dass die Mundgesundheit fest in die Agenda für nichtübertragbare Krankheiten eingebettet werden sollte und dass Maßnahmen zur Mundgesundheitspflege in Programme zur allgemeinen Gesundheitsversorgung (universal health coverage) aufgenommen werden sollten. Diese Entwicklungen bieten der FDI und ihren fast 200 Mitgliedsorganisationen weltweit die Möglichkeit, nationale Strategien mitzugestalten und zu unterstützen sowie die Regierungen bei der Erreichung der Mundgesundheitsziele zur Verantwortung zu ziehen.“ Zur Fehlklassifizierung von Zahnärzteverbänden: „Die FDI und ihre nationalen zahnärztlichen Mitgliedsverbände sind keine privatwirtschaftlichen, sondern zivilgesellschaftliche Organisationen. Wir sind unabhängige, gemeinnützige Organisationen, die sich für die Mundgesundheit einsetzen, um die öffentliche Gesundheit zu fördern. Die WHO hat uns immer als zivilgesellschaftliche Organisationen anerkannt und nicht als privatwirtschaftliche Organisationen, die per Definition gewinnorientierte Unternehmen sind. Solche Fehleinstufungen können erhebliche Folgen haben und müssen daher korrigiert werden, um unsere Unabhängigkeit und Objektivität zu wahren.“ Enzo Bondioni ist Exekutivdirektor des Weltzahnärzteverbandes FDI. POLITIK | 35
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=