Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4

zm112, Nr. 4, 16.2.2022, (339) chen Systemvergleich wurde in einem ersten Schritt auf die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (bis zum Brexit 28 Staaten) sowie der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (4 Staaten) eingegrenzt. Für die Hälfte der Länder lagen oralepidemiologische Daten vor, so dass sie für einen Vergleich herangezogen werden könnten. Voraussetzungen für einen sinnvollen Systemvergleich waren und sind: \ Zugrundelegung gleicher Altersabgrenzungen: Die WHO empfiehlt insbesondere die Untersuchung von jüngeren Kindern (5-/6-Jährige), älteren Kindern (12-Jährige), Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) sowie von Senioren (65- bis 74-Jährige). \ Verwendung relevanter Messkonzepte: Die WHO empfiehlt, die Prävalenzen von Karieserkrankungen über den DMF-T (Decayed, Missing, Filled Teeth) zu ermitteln, die Verbreitung von Parodontitis sollte über den CPI (Community Periodontal Index) dargestellt werden. Zudem sollte das Ausmaß von Zahnverlust bis hin zur Zahnlosigkeit erhoben werden sowie die Art und Weise des Zahnersatzes. \ Last but not least sollten die Surveys möglichst aktuell und bevölkerungsrepräsentativ sein. Die genauere Sichtung der Daten in den europäischen Ländern zeigte dann aber ein ernüchterndes Bild. Viele Daten waren entweder veraltet (Datenerhebung vor 2008) oder lückenhaft, das heißt, nur auf eine Altersgruppe oder ein einzelnes Krankheitsbild bezogen. Auch hatten sich längst nicht alle Studien mit ihrer Erhebungsmethodik an den gängigen epidemiologischen Standards der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert; das heißt, sie wichen hinsichtlich der befundeten Altersgruppen oder der verwendeten Index-Systeme vom definierten Goldstandard ab. Letztlich kamen somit lediglich 5 der 32 Länder für einen Vergleich der zahnmedizinischen Versorgungssysteme infrage. Vor allem die fehlende Aktualität führte zum Ausschluss vieler ansonsten geeigneter Vergleichskandidaten. Der oralepidemiologisch in vielen Ländern nachweisbare sakuläre Trend der Kariesreduktion (Caries decline) zeigt beispielhaft, dass es wenig Sinn macht, die Mundgesundheit des Landes A mit der Mundgesundheit des Landes B zu vergleichen, wenn die Daten im Land B zehn Jahre vor denen im Land A erhoben wurden (Abbildung 1). Das lässt sich anhand der deutschen Daten gut zeigen: Im zeitlichen Abstand von etwa acht Jahren werden hierzulande große bevölkerungsrepräsentative Surveys (Deutsche Mundgesundheitsstudien, kurz: DMS) nach WHO-Standards durchgeführt, die fundierte Aussagen über die Entwicklung der Mundgesundheit der Bevölkerung ermöglichen. Bewertet man den im DMF-T erfassten Mundgesundheitszustand nun mittels des von Prof. Aubrey Sheiham entwickelten T-Health-Indizes, so kann für die zuvor erwähnten vier Altersgruppen ein Prozentwert angegeben werden, der als mehr oder weniger gute Mundgesundheit (naturgesundes Gebiss = 100 Prozent) interpretiert werden kann. Für Deutschland zeigen die Ergebnisse von 1997 (DMS III), 2005 (DMS IV) und 2014 (DMS V) eine kontinuierliche Verbesserung der Mundgesundheit. Mit der „historischen“ Mundgesundheit von 1997 wäre Deutschland heute ein ziemlicher „Nachzügler“, mit der aktuellen Mundgesundheit von 2014 im Jahre 1997 hingegen einsamer „Spitzenreiter“ gewesen. Ergo braucht es aktuelle Daten aus möglichst vielen Ländern. SPANNENDE VIELFALT Um nun nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, kann ein sinnvoller Vergleich momentan nur die fünf Länder umfassen, die in Abbildung 1 in der oberen rechten Ecke verAbbildung 1: Entwicklung der kariesbezogenen Mundgesundheit gemäß prozentuiertem T-Health-Index (1997–2015) POLITIK | 73

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