Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 4

zm112, Nr. 4, 16.2.2022, (274) IMPFUNGEN GEGEN SARS-COV2 DURCH ZAHNÄRZTE UNRÜHMLICHES HIN UND HER Zum Editorial „Historische Momente“ zm 3/2022; Seite 3. Es mag sicher nicht ganz weit hergeholt zu sein, in Bezug auf die zeitlich begrenzte (gerade ein knappes Jahr gültige) Berechtigung der Zahnärzteschaft, Impfungen gegen SARSCoV2 durchführen zu können, von einem „historischen Moment“ zu sprechen. Allerdings ist es eher als „historisch“ anzusehen, wie man sich nun versucht, das unrühmliche Hin und Her um die zahnärztliche Impfberechtigung gegen SARS-CoV2 schönzureden. Fakt ist, dass die Entscheidung, die Zahnärzteschaft bei den Impfungen mit ins Boot zu holen, reichlich spät gefallen ist und dass zum jetzigen Zeitpunkt (1.2.2022) in der Zahnarztpraxis immer noch keine Impfungen angeboten werden können, während die Apotheker ankündigen, ab Anfang Februar damit durchzustarten. Die ärztliche Schulung ist, das muss auch klar benannt werden, dem Druck aus der (offiziellen) Ärzteschaft geschuldet, die in jedem Fall die Brandmauer ärztlichen Handelns zur Zahnärzteschaft aufrechterhalten wissen will (dies kann der interessierte Leser auch in der Stellungnahme der Bundesärztekammer zum Entwurf der neuen zahnärztlichen Approbationsordnung an den deutschen Bundestag vom 2.12.2016 nachlesen in der im letzten Absatz der Vorbemerkung geschrieben steht: „Die verstärkte Abbildung von Allgemeinerkrankungen im Zahnmedizinstudium soll bewirken, dass Zahnärzte orale Befunde einerseits als Früh-, Leit- und Begleitsymptome für die Diagnostik und Therapie einer Allgemeinerkrankung frühzeitig erkennen sollen, diese Früh-, Leit- und Begleitsymptome andererseits aber auch Einfluss auf die zahnärztliche Behandlung selbst haben können. Klarzustellen in diesem Zusammenhang ist aber unbedingt, dass bezüglich der Berufsausübung die Diagnostik und Therapie von Allgemeinerkrankungen nach wie vor ausschließlich den in der KINDERZAHNHEILKUNDE SEIEN SIE EINFACH LIEB, OFFENHERZIG UND EHRLICH! Zum Beitrag „Ein märchenhafter Zahnarztbesuch“, zm 3/2022, S. 30-32. Ich bin nun seit 1995 Kinder- und Jugendzahnärztin und hatte nur ein Gefühl beim Lesen des Artikels – Scham! Welch Absurdität müssen wir „normalen“ Kinder- und Jugendzahnärzte den noch ertragen? Ich habe weder ein Feen-, Astronauten – oder Disneyzimmer – meine Praxis ist eine ganz normal eingerichtete Praxis. Und „trotzdem“ oder gerade deshalb schaffen wir es jeden Tag, unsere kleinen Patienten ohne großen Firlefanz auf hohem Niveau zu behandeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Generalisten – lasst Euch nicht abschrecken – Sie müssen nicht umbauen – seien Sie einfach lieb, offenherzig und ehrlich – verzaubern Sie Ihre kleinen Patienten mit Ihrem Lächeln. Und im Übrigen – meine Mitarbeiterinnen haben sich genau wie ich sehr geschämt und sind froh, nicht auf einem „Furzkissen“ begrüßt zu werden. Dr. Sabine Runge, Kiel Leserforum Foto: stock.adobel.com Humanmedizin voll ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte vorbehalten ist.“ (Anmerkung: Ob die Bundeszahnärztekammer wohl auch künftige Approbationsordnungen der Ärzte kommentiert und deren Ausbildung festlegt?) Wenn man dies alles weiß und dann auch noch bei einer intramuskulären Injektion (die jede Arzthelferin und jeder Rettungshelfer beherrschen muss) von einer „anderen Baustelle“ und vielen „Aha-Momenten“ und einer „Aufwertung des Berufsbildes“ der Zahnärzteschaft gesprochen wird, dann wird einem wirklich Angst und Bange bei dem Gedanken, wie es um das zahnärztliche Berufsbild überhaupt bestellt ist und wohin es sich wohl bewegt. So lange ärztliches Handeln nicht ganz selbstverständlich zur Zahnmedizin gehört und die Zahnärzteschaft sich nicht als ärztlicher Heilberuf versteht, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Facharztbeschluss, 1 BvR 518/62 vom 9.5.1972 formuliert, wird unser Berufsstand nicht immun sein gegen eine Deprofessionalisierung und Verramschung, wie man sie schon beim Thema Aligner-Start-ups beobachten kann – mit allen Konsequenzen. Dem gegenzusteuern sind wir alle denjenigen schuldig, die in der Vergangenheit für die Professionalisierung unseres Berufes gekämpft haben, sowie den jungen und angehenden Kolleginnen und Kollegen, deren erfolgreiche berufliche Zukunft von einem starken, professionellen, ärztlichen Berufsstand abhängt. Dr. Jens Naim, Göppingen

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