zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (380) BRITISH DENTAL ASSOCIATION (BDA) 38 Millionen NHS-Zahnarzttermine seit Pandemiebeginn entfallen Die Pandemie trifft die zahnmedizinische Versorgung in Großbritannien doppelt: Millionen Kontrollund Behandlungstermine entfielen, gleichzeitig droht dem Nationalen Gesundheitsdienst NHS ein Behandlermangel. Die British Dental Association (BDA) hat den jüngsten Schritt der britischen Regierung begrüßt, eine Konsultation zur Beendigung der Impfpflicht einzuleiten. Der Verband betonte jedoch, dass angesichts der herrschenden Unsicherheit unter den Praxisbetreiberinnen und -betreibern schon jetzt „Kollateralschäden” zu verzeichnen seien. Mehr als 1.000 NHS-Zahnärzte hätten den Gesundheitsdienst 2021 bereits verlassen, zudem zeigten sich Rekrutierungs- und Bindungsprobleme sowohl bei Zahnärztinnen und Zahnärzten als auch bei ZFA. Und nach den Vorschriften, die im Dezember 2021 vom Parlament verabschiedet wurden, riskieren Praxismitarbeiter – im NHS wie in privaten Praxen – ein Arbeitsverbot, wenn sie bis April 2022 nicht mindestens zwei COVID-Impfungen nachweisen können. Doch dazu kommt es jetzt doch nicht. Die britische Regierung hat Ende Januar Zweifel an der geplanten Impfpflicht für medizinisches Personal angemeldet und diese Medienberichten zufolge gekippt. Der Impfschutz in der Bevölkerung sei inzwischen so hoch, dass man auf diese Zwangsmaßnahme verzichten könne, hieß es. Schon die Ankündigung der Impfpflicht habe die Impfbereitschaft beim NHS-Personal zuvor allerdings befördert, so die Berichte weiter. So seien 95 Prozent der Beschäftigten mindestens einmal geimpft. Großbritanniens Gesundheitsminister Sajid Javid hatte ankündigt, „die Pläne zu überprüfen und bei den medizinischen Behörden neue Daten anzufordern”. Aus Sicht der BDA ist das ein zwingender Schritt. Schon jetzt sei der NHS mit beispiellosen Versorgungsrückständen konfrontiert, seit dem ersten Lockdown seien im Nationalen Gesundheitsdienst mehr als 38 Millionen Zahnarzttermine weniger durchgeführt worden, so der Verband. Gleichzeitig beschäftigt die BDA ein zusätzliches Problem: Aufgrund der Pandemie haben die Overseas Registration Exams (ORE), das sind die Zulassungstests für ausländische Zahnärzte, seit 2020 nicht mehr stattgefunden. Nach Regierungsangaben warten derzeit mehr als 2.000 Bewerber auf die Gelegenheit, diese Prüfung abzulegen. Nach den bestehenden Vereinbarungen werden die meisten dieser Zahnärzte Jahre warten müssen, bevor sie in Großbritannien praktizieren dürfen, befürchtet der Verband, „und aufgrund veralteter Vorschriften wird es vielen nicht erlaubt sein, im NHS zu arbeiten”. AUCH DIE UNGLEICHHEIT IN DER VERSORGUNG WÄCHST Neue Daten aus Schottland bescheinigen dem Nationalen Gesundheitsdienst zudem eine wachsende Ungleichheit bei der Inanspruchnahme von zahnmedizinischen Leistungen: Der Abstand zwischen Kindern aus sozial benachteiligten und privilegierten Gebieten betrug im September 2008 noch 3 Prozentpunkte, 2010 waren es schon 7 Prozentpunkte und im September 2021 rund 18 Prozentpunkte. Das heißt, 2021 besuchten nur 55,3 Prozent der Kinder aus sozial benachteiligten Gebieten einen Zahnarzt – bei den Kindern aus privilegierten Gebieten waren es hingegen 73,1 Prozent. Bei den Erwachsenen hat diese Ungleichheit ebenfalls zugenommen: Im September 2008 betrug der Abstand 3 Prozentpunkte, 2010 waren es 6 Prozentpunkte und im September 2021 rund 11 Prozentpunkte (45,1 Prozent aus sozial benachteiligten Gebieten gegenüber 56,4 Prozent). mg Foto: AdobeStock_Kristina Blokhin Laut BDA hat die Pandemie zu beispiellosen Versorgungsrückständen geführt. Gleichzeitig belegen Zahlen aus Schottland wachsende Ungleichheiten in der Versorgungssituation abhängig vom sozialen Status der Patientinnen und Patienten. 10 | POLITIK
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