Privat hielt Mamlok insbesondere zu jüdischen Fachkollegen engen Kontakt – so auch zu dem Greifswalder Professor Hans Moral (1885–1933), der sich 1933 nach weitgehender Entrechtung und Entehrung durch die Nationalsozialisten das Leben nahm [Groß, 2017a; Schwanewede, 2018]. Mamlok widmete Moral einen Nachruf, indem er allerdings die wahre Todesursache verschleierte. So schrieb er: „Prof. Dr. Hans Moral ist am 6. August in Rostock einem Herzschlage erlegen. Mit ihm verliert nicht nur die deutsche Zahnheilkunde, sondern die Zahnheilkunde der ganzen Welt einen ihrer bedeutenden Vertreter. [...] Mit ihm ist ein Mensch lauteren Charakters und vornehmster Gesinnung dahingegangen“ [Mamlok, 1933]. Mamlok lagen in den USA aufgrund seiner oben beschriebenen Bekanntheit „schon bei seiner Ankunft Einladungen verschiedener Universitäten vor, in denen man ihn als Gastlektor zu Vorlesungen auf seinem Spezialgebiet, der Alveolarpyorrhoe verpflichten wollte“ [Mahler, 2001]. „PROFESSOR MAMLOCK“ ERSPARTE IHM DAS EXAMEN Wolfs Theaterstück „Professor Mamlock“ hatte seine Bekanntheit nochmals erheblich gesteigert. Just am Tag seines Eintreffend in New York wurde es am Broadway präsentiert [Wisconsin Jewish Chronicle, 1940]. So hieß es in einem Zeitungsbericht über die Ankunft Mamloks in New York: „The Professor Mamlock of the play arrived in New York yesterday – an exile from Germany because of the play [...] This play now is running at the Daly theatre, produced by the Jewish Theatre Unit of the Federal Theatre Project” [Daily News New York, 1937a]. Vor diesem Hintergrund wurde Mamlok nach seiner Ankunft am 17. April 1937 zu seinem Verhältnis zu Deutschland befragt. Dabei äußerte er sich stark beschwichtigend: „I personally am very pro-German, and I hated to leave my country. I personally suffered nothing.“ Seine Frau widersprach umso energischer: „You had nothing to suffer! You lost your position in the University. You lost your job as editor of the dental paper. You were not allowed to teach students, and not allowed to give examinations. And you say that you did not suffer! We suffered more than we can think of“ [Daily News New York, 1937a]. Die zeitliche Koinzidenz der Uraufführung des Dramas am Broadway und der Ankunft Mamloks und die hierzu veröffentlichten Presse- und Feuilletonberichte erleichterten Mamlok den Aufbau einer Existenz in den USA ganz erheblich: Letztlich wurde ihm in New York als einzigem immigriertem deutschem Zahnarzt die Erlaubnis zuteil, „ohne vorheriges Examen Zahnheilkunde auszuüben“ [Aufbau, 1940]. Allerdings veröffentlichte Mamlok in den USA keine wissenschaftlichen Publikationen mehr. Dies war wohl auch der Tatsache geschuldet, dass ihm in den USA nur noch die kurze Lebensspanne von dreieinhalb Jahren vergönnt war; diese war zudem durch ein fortschreitendes Herzleiden überschattet. Seiner fachlichen Prominenz tat dies jedoch keinen Abbruch, wie zahlreiche Nachrufe in Tageszeitungen zeigen [Evening Sun, 1940; Press and Sun-Bulletin Binghamton New York, 1940; The Wisconsin Jewish Chronicle, 1940]. Selbst in der „New York Times“ erschien nach seinem Tod ein kurzer Nekrolog. Dort wurde Mamlok als deutscher „Pionier der modernen Zahnheilkunde“ gewürdigt [Mahler, 2001; New York Times, 1940]. \ ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (427) GESELLSCHAFT | 57
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