Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 5

zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (432) DER BESONDERE FALL No business as usual Martin Schneevoigt, Marcus Schiller Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Mittel: Ein Zahnarzt konnte durch seinen Einsatz einem Patienten mit rheumatoider Arthritis helfen, der durch einen akuten Schub dermaßen geschwollene Finger hatte, dass er seinen Ehering nicht mehr entfernen konnte. Zunächst stellte sich der 41-jährige Patient in der truppenärztlichen Sprechstunde mit einem akuten, seit zwei Tagen zunehmenden Schub einer bekannten rheumatoiden Arthritis vor. Klinisch imponierte eine massive Schwellung beider Hand-, Metacarpophalangeal- (MCP) und proximalen Interphalangealgelenke (PIP) mit einer ausgeprägten Rötung und Überwärmung. Bereits die leichteste Palpatation oder Bewegung führten zu starken Schmerzen. Auslösend für den Schub war das eigenständige Absetzen der durch den Rheumatologen verordneten Dauermedikation (MTX 25mg s.c. 1x wöchentlich). Der Anlass für die Absetzung war ein Kinderwunsch des Patienten, der zuvor darüber informiert worden war, dass die MTX-Therapie zu schwerwiegenden Störungen der Spermatogenese führen kann. Sein behandelnder Rheumatologe konnte aufgrund der damaligen Corona-Situation keine Termine anbieten. Als akutes Problem kam hinzu, dass sich der Ehering des Patienten trotz aller Versuche mit den bekannten Hilfsmitteln nicht lösen ließ, da auch das PIP-Gelenk des Ringfingers massiv geschwollen war. Um den Patienten vor einer langen Fahrt in die nächstliegende Notfallambulanz zu bewahren – besonders vor dem Hintergrund der Coronakrise –, suchten wir nach einer hausinternen Lösung. DER ORALCHIRURG SCHLITZT DEN EHERING So konsulierte der Truppenarzt mit dem Patienten den Oralchirurgen mit der Bitte um Hilfe bei der Entfernung des Eherings (Abbildung 1). Dass der Ring aus einem Edelmetall gefertigt wurde, vereinfachte die Entfernung. Der Patient wurde über den geplanten Versuch der Eröffnung des Rings mit einem hochtourig drehenden Diamanten (200.000 Umdrehungen pro Minute) aufgeklärt. Um potenzielle Verletzungen sowie eine mögliche thermische Belastung am Finger zu vermeiden, wurden ein Matrizenband zwischen Ring und Finger geschoben (Abbildung 2) und die Hand auf einem Eisbeutel platziert. Durch intermittierendes Ansetzen des Diamanten wurde der Ring geschlitzt (Abbildungen 3 und 4) und im Anschluss mit zwei Flachzangen aufgebogen, so dass er schließlich schmerzlos abgenommen werden konnte (Abbildung 5). Der Zahntechniker Abb. 1: Der Ringfinger des Soldaten war so geschwollen, dass er den Ehering nicht mehr selbstständig entfernen konnte. Alle Fotos: Schiller Abb. 2: Um den Finger bei der Entfernung des Rings nicht zu verletzen und eine Überhitzung zu vermeiden, wurden ein Matrizenband und ein Eisbeutel als Hilfsmittel verwendet. Abb. 3: Mithilfe eines Diamanten wurde der Ring geschlitzt. 62 | ZAHNMEDIZIN

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