zm112, Nr. 5, 1.3.2022, (442) Aus Spenden von Kollegen und Studenten zu Brucks 50. Geburtstag 1922 entstand übrigens der Grundstock zur Walther-Bruck-Stiftung zur Unterstützung von Studierenden. EIN ERZKONSERVATIVER FELDMARSCHALL HILFT IHM Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933 mussten Beamte, die nicht arischer Herkunft waren, in den Ruhestand versetzt werden. Davon waren auch Hochschulprofessoren betroffen, Brucks Karriere drohte das Ende. Anders als viele jüdische Kollegen hatte er jedoch einen prominenten Fürsprecher: den erzkonservativen Generalfeldmarschall August von Mackensen, unter dessen Oberkommando Bruck während des Ersten Weltkriegs gearbeitet hatte. In einer Biografie über den Generalfeldmarschall wird der Sachverhalt so geschildert: „An Rust [Preußischer Kultusminister Bernhard Rust von der NSDAP, Anm. d. Autors] wandte sich Mackensen auch im Fall von Professor Walther Bruck aus Breslau, eine internationale Kapazität der Zahnmedizin. Wegen jüdischer Abstammung wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen, obwohl er sie seit Kaisers Zeiten besaß und schon sein Vater an der Universität Breslau gelehrt hatte. Bruck war evangelisch getauft, christlich erzogen, ‚ immer national‘ und als Arzt am AOK [Armeeoberkommando, Anm. d. Autors] Mackensen ausgezeichnet, wie er hilfesuchend versicherte. Zunächst lehnte Rust unter Hinweis auf die Gesetze ab, wonach Juden keine Beamten mehr sein dürften. Allerdings galten für Kriegsteilnehmer auf Wunsch Hindenburgs vorerst Ausnahmen. Nach ‚ nochmaliger Prüfung‘ wurde nach mehreren Monaten Bruck die Lehrbefugnis wieder erteilt, was Mackensen ihm telegrafisch mitteilen konnte“ [Schwarzmüller, 2001]. Es muss Bruck schwer getroffen haben so behandelt zu werden. Ob sich der letzte Kaiser und seine Gemahlin zu dieser Zeit für ihn eingesetzt haben, ist zu bezweifeln. Nun ergingen sich die Hohenzollern inklusive des Kronprinzen und seiner Gattin Cecilie in Anbiederung an die braunen Machthaber, wie aktuell in der Abhandlung „Der Kronprinz und die Nazis“ bei Lothar Machtan zu lesen ist [Machtan, 2021]. 1936 wird erneut versucht, abermals ohne Erfolg, Bruck die Lehrerlaubnis zu entziehen. Vom Kurator der Universität und der Technischen Hochschule Breslau erhält Bruck am 24. April 1936 folgendes Schreiben (Abbildung 4), dem Anrede und Grußformel fehlen: „Der Herr Minister hat dahin entschieden, dass Sie auch weiterhin berechtigt sind, das mit Patent vom 22. Februar 1908 – UI 10397 – verliehene Prädikat ‚ Professor‘ zu führen“ [Privatsammlung Bruck, 1936]. Die Seiten in Brucks Terminkalender lassen darauf schließen, dass er bis kurz vor seinem Tod Patienten behandelt hat. Am 31. März 1937 stirbt er in Breslau mit nur 65 Jahren. Es ist zwar nicht nachgewiesen, aber möglicherweise hat er sich in der verzweifelten Situation das Leben genommen, um Tochter Renate und Ehefrau Johanna vor weiterer Verfolgung zu schützen. Wie aus Brucks Dokumenten hervorgeht, kondolierte Hermine immerhin Johanna Bruck nach dem Tod ihres Mannes. Im Februar 1942 ziehen Mutter und Tochter nach Berlin. Renate heiratet nach 1945 einen britischen Offizier, beide gehen nach Großbritannien. Zwei Enkelinnen Brucks leben heute in Australien. \ An Walther Bruck und seinen Vater Julius erinnert heute eine Gedenktafel, auf der neben den polnischen Kollegen auch an die deutschen Professoren des Zahnärztlichen Instituts der Universität Breslau vor 1945 gedacht wird. Foto: Tilo Wahl Bruck darf den Professorentitel weiter tragen. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. KAY LUTZE Historiker, M.A. 72 | GESELLSCHAFT
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