Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 6

zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (528) Die Fälle, die für eine Wurzelamputation infrage kommen, sollten sorgfältig ausgewählt werden. Bei Oberkiefermolaren kann eine Teillamputation indiziert sein, wenn das Attachment an einer oder zwei Wurzeln stark vermindert ist [Walter et al., 2011]. Ältere Studien zur Prognose von Teilamputationen weisen schlechtere Langzeitergebnisse auf als Studien jüngeren Datums. Eine mögliche Erklärung könnte ein höheres Niveau bei den endodontischen Versorgungen sein (maschinelle Aufbereitung, endometrische Längenbestimmung, Vergrößerungshilfen, verbesserte Spülprotokolle und das Aktivieren von Spüllösungen). So liegt der Erfolg endodontischer Behandlungen heute bei bis zu 93 Prozent [Paredes-Vieyra und Enriquez, 2012]. Seit einiger Zeit werden auch Untersuchungen zur Wurzelamputation an vitalen Zähnen durchgeführt. Hier erfolgt nach der Wurzelamputation meist die Wundbehandlung des eröffneten Pulpaareals mit einem hydraulischen Kalziumsilikatzement im Sinne einer partiellen Pulpotomie. Erste Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse [Tahmooressi et al., 2016], jedoch sind weitere Untersuchungen hierzu notwendig, um eine klare Aussage treffen zu können. Die Wurzelamputation stellt meist einen Erhaltungsversuch von Zähnen dar, die etwa durch parodontale, kariöse oder endodontische Läsionen vorgeschädigt sind und andernfalls vollständig extrahiert werden müssten. Daher sollten hier auch kurz die Behandlungsalternativen mit betrachtet werden. Diese sind im Fall der Wurzelamputation neben anderen prothetischen Lösungen die Extraktion und anschließende Versorgung mit einem Einzelzahnimplantat oder einer Brücke. Tiefer kariöser Defekt (Fall Nr. 10) Eine 53-jährige Patientin stellte sich 2015 mit plötzlich aufgetretenen, starken Beschwerden an Zahn 16 und der Bitte um Abklärung vor. Es erfolgte die klinische und röntgenologische Befundung des Zahnes, der neben einer apikalen Parodontitis auch eine große, fast bis in die Furkation reichende Kronenrandkaries an der mesiobukkalen Wurzel aufwies. Um diesen vorhersagbar versorgen zu können, wurde der Patientin die endodontische Behandlung mit Amputation der mesiobukkalen Wurzel und anschließender Versorgung mittels Vollkrone als Alternative zur Extraktion aufgezeigt. Sie entschied sich für den Zahnerhalt. So folgte nach der Wurzelfüllung die Amputation der mesiobukkalen Wurzel. Der Zahn wurde nach der Amputation auf Wunsch der Patientin zunächst mit einem Langzeitprovisorium versorgt, das im Verlauf gegen eine definitive Versorgung ausgewechselt wurde. Die Patientin ist seitdem an 16 beschwerdefrei, der Zahn ist stabil und hat eine gute Langzeitprognose. Abb. 1: Ausgangszahnfilm mit großem kariösem Defekt an der mesiobukkalen Wurzel und apikaler Parodontitis Abb. 2: Klinische Situation nach EKR vor Amputation der mesiobukkalen Wurzel Abb. 3: Klinische Situation nach Amputation und Präparation mit noch nicht vollständig abgeheiltem Granulationsgewebe im Bereich der mesiobukkalen Wurzel Abb. 4: Röntgenkontrolle nach Amputation mit PMMA-Langzeitprovisorium Abb. 5: Verlaufskontrolle sechs Jahre postoperativ mit mittlerweile definitiver Versorgung Abb. 6: Klinische Situation nach sechs Jahren Alle Fotos: Praxis Dres. König/Antritter DR. JENNIFER ANTRITTER Endodontische SchwerpunktpraxisKurbrunnenstr. 9, 67098 Bad Dürkheim Foto: Hans-Georg Merkel 50 | ZAHNMEDIZIN

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