zm112, Nr. 6, 16.3.2022, (536) Physiologisch erfordert die Wundheilung eine Entzündungsphase, eine Proliferationsphase und eine Umbauphase. Chronische Wunden unterliegen einer anhaltenden Entzündungsreaktion, etwa durch verringerte Wachstumsfaktoren und eine erhöhte Keimbelastung der Wunde. Mangelernährung wird in der Literatur mit Wundheilungsstörungen und chronischen Wunden in Verbindung gebracht und gilt als modifizierbarer Risikofaktor, der die Ergebnisse der Wundheilung verbessern kann. Der Kalorienbedarf bei der Wundheilung wird in der Literatur – im Vergleich zu einem nicht verletzten Kollektiv – als deutlich erhöht geschätzt, abhängig von Ausgangskörpergewicht, Alter, medizinischen Komorbiditäten, Aktivitätsgrad, Stadium der Wundheilung, Wundgröße und Anzahl der Wunden. Shields hat sich aus Sicht der Dermatologie diesem wichtigen Thema gewidmet [Shields, 2021], wobei die Ansätze auf die orale Wundheilung übertragen werden können. Im Rahmen eines narrativen Reviews sichtete sie die wissenschaftliche Literatur auf Nahrungsergänzung mit Makro- und Mikronährstoffen, um die potenziell komplementäre Rolle der Ernährungsunterstützung bei chronischen Wunden zu untersuchen. PROTEINE Hier handelt es sich um die bekanntesten Makronährstoffe, die für die Wundheilung benötigt werden. Ihre primäre Funktion besteht darin, Aminosäuren bereitzustellen, um physiologische Funktionen auszuführen. Eine Verletzung der Haut- oder der Schleimhaut erhöht nicht nur den Stoffwechselbedarf des verletzten Bereichs, sondern es können auch ständig große Mengen an Protein durch Wundexsudate verloren gehen. Proteine sind für die Immunantwort notwendig, die erforderlich ist, um von entzündlichen zu proliferativen Phasen der Wundheilung überzugehen. Berichtet wird , dass Proteinmangel die Fibroblastenaktivität verringert, die Angiogenese verzögert und die Kollagenbildung verringert. Darüber hinaus wird Protein für die Bildung von Entzündungszellen und die Aufrechterhaltung des onkotischen Druckes benötigt. Die derzeit empfohlene Tagesdosis für Protein bei gesunden Erwachsenen beträgt 0,8 g/kg Körpergewicht. Bei Patienten mit chronischen Wunden – zum Beispiel Dekubitus – wird je nach Größe AUS DER WISSENSCHAFT Wie kann Ernährung die Wundheilung beeinflussen? Peer W. Kämmerer Die Wundheilung ist ein anaboler Prozess, der eine ausreichende Zufuhr der für die Gewebesynthese notwendigen Substrate erfordert. Stehen diese nicht zur Verfügung, kann es zu Wundheilungsstörungen kommen. Wie beeinflusst Ernährung die Heilung von Wunden? Welche Rolle spielen Nahrungsergänzungsmittel? Diese Fragen hat die US-amerikanische Dermatologin Bridget E. Shields in einem aktuellen Review unter die Lupe genommen. Unser Autor referiert das Review im Kontext aktueller Literatur. AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz Wundheilungsstörung an der Oberlippe links nach traumatischem Einbiss Foto: Kämmerer 58 | ZAHNMEDIZIN
RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=