Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (646) Das Therapiekonzept der „FullMouth-Disinfection“ wurde bereits vor über 25 Jahren von einer Arbeitsgruppe um Prof. Marc Quirynen in Leuven vorgestellt. Ziel dieses Behandlungsprotokolls war, das Risiko einer Reinfektion gerade behandelter parodontaler Taschen durch Erreger aus noch zu behandelnden Taschen zu minimieren, indem alle Maßnahmen der subgingivalen Instrumentierung innerhalb von 24 Stunden in Kombination mit einer gründlichen Desinfektion aller oropharyngealen Nischen mit Chlorhexidin durchgeführt wurden. Seitdem wurden zahlreiche klinische Studien veröffentlicht, in denen 24 Stunden-Behandlungsprotokolle (mit oder ohne zusätzlichen Einsatz von Antiseptika) mit der konventionellen quadrantenweisen Vorgehensweise verglichen wurden, bei der zwischen den vier Behandlungsterminen zumeist jeweils eine Woche liegt. Die Ergebnisse dieser Studien sind sehr heterogen und konnten oft nicht die Ergebnisse der ursprünglichen Studie replizieren. Die möglichen Gründe dafür sind vielfältig und teilweise eventuell auch in den unterschiedlich zeitintensiven Antiseptikaanwendungen begründet. Unabhängig von dieser kontroversen Datenlage wurde in den letzten Jahren erörtert, dass die mechanische Entfernung des subgingivalen Biofilms durch Pulverstrahlverfahren mit niedrig abrasiven Pulvern (wie Erythritol) verbessert werden könnte. Die Autoren der vorliegenden Studie haben nun den bisher bekannten Full-Mouth-Behandlungskonzepten eine weitere Modifikation – und zwar mit ergänzendem Einsatz eines Pulverstrahlverfahrens – hinzugefügt, diese im Vergleich mit den bisherigen Protokollen in einer großen Multicenterstudie untersucht und die Ergebnisse im Dezember 2021 im Journal of Clinical Periodontology publiziert. MATERIAL UND METHODE Die Autorengruppe um Prof. Jamal Stein, Aachen, hat zusammen mit den Zentren Halle, Berlin, Mainz und Timisoara (Temeswar, Rumänien) in einer randomisierten, prospektiven, vierarmigen, multizentrischen Parallelgruppenstudie mit einem sechsmonatigen Follow-up Patienten mit unbehandelter Parodontitis im Stadium III oder IV eingeschlossen und die nachfolgenden Behandlungen durchgeführt: \ Stufe 1 der PAR-Therapie \ Randomisierung in vier Gruppen mit jeweils mindestens 45 Patienten: - Q-SRP: quadrantenweise Instrumentierung mit einwöchigem Intervall zwischen den einzelnen Sitzungen. - FMS: Full-Mouth-Scaling – subgingivale Instrumentierung innerhalb von 24 Stunden. - FMD: Full-Mouth-Disinfection – subgingivale Instrumentierung innerhalb von 24 Stunden mit zusätzlicher intensiver Anwendung von Chlorhexidin in der Praxis und auch 2 Monate daheim (Protokoll von Quirynen et al., 1998). - FMDAP: FMD, kombiniert mit der Verwendung von subgingivalem Pulverstrahl (Erythritol-Pulver, Airflow und Perioflow, Fa. EMS). \ Die subgingivale Instrumentierung wurde jeweils unter Lokalanästhesie mit Ultraschall-Scalern und GraceyKüretten durchgeführt. Bewertet wurden zu Baseline, nach drei und nach sechs Monaten: AUS DER WISSENSCHAFT „Full-Mouth“-Konzepte in der Therapiestufe 2 fortgeschrittener Parodontitis Søren Jepsen Seit langer Zeit werden die möglichen Vorteile von „Full-Mouth“-Behandlungskonzepten in der nicht-chirurgischen PAR-Therapie kontrovers diskutiert. Nun hat eine sehr große Multicenter-Studie eine neue Modifikation dieser Vorgehensweise vorgestellt und bemerkenswerte Ergebnisse berichtet. Das könnte Bewegung in die Bewertung der „Full Mouth“-Konzepte bringen. AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz 56 | ZAHNMEDIZIN

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