zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (668) KI IN DER ZAHNARZTPRAXIS – TEIL 1 So bringt KI eine „Zweitmeinung“ in die Praxis Falk Schwendicke, Joachim Krois Aktuell ist das Angebot von Künstlicher Intelligenz (KI) für Zahnarztpraxen noch überschaubar. Mit den derzeitigen KI-Produkten kann man sich aber eine „gesammelte Zweitmeinung“ zu einem zahnmedizinischen Sachverhalt wie der Karieserkennung in die Praxis holen. Erfahren Sie, wie eine KI-Software ihre Empfehlungen generiert, wo die Grenzen der KI liegen und warum „dynamisch“ im Kontext der medizinischen KI kein Hinweis auf Qualität ist. Um zu verstehen, wie KI in der Zahnarztpraxis funktioniert, muss man wissen, wie KI-Systeme zu ihrem Wissen kommen. Die meisten KI-Anwendungen, die momentan im medizinischen Sektor entwickelt und vertrieben werden, setzen auf das Prinzip des „Maschinellen Lernens“. Bei diesen Anwendungen geht es etwa um die Analyse von Röntgenbildern, 3-D-Oberflächen-scans oder Fotos. Maschinelles Lernen bedeutet nun vor allem Mustererkennung und -analyse: Maschinen erkennen aus großen Datenmengen (wie Bildern oder Texten) Muster und Zusammenhänge. Nötig sind hierzu in den meisten Fällen ein sogenanntes Datenobjekt, also ein Bild oder ein Text, und eine dazugehörige Dateninformation (auch Annotation oder englisch Label genannt). Eine Dateninformation wäre beispielsweise „auf diesem Bild – oder genauer: an dieser Stelle auf dem Bild – wird Karies gezeigt“. Maschinen verarbeiten die Datenobjekte mittels Filter in Zahlenkolonnen – für eine Maschine sind Bild und Text schlussendlich nur Zahlen. Diese Zahlenkolonnen werden dann mit der Dateninformation (Annotation) in einen Zusammenhang gestellt und dieser wird durch ein Modell abgebildet. Um das Modell schrittweise zu optimieren (das sogenannte Training), werden Abertausende Datenpaare aus Datenobjekten und Annotationen verknüpft. Während des Trainings wird das Modell wiederholt genutzt, um die Dateninformation (Annotation) für ein Datenobjekt vorherzusagen. Ist diese Vorhersage korrekt, wird das nächste Datenobjekt mit dem unveränderten Modell vorhergesagt; ist die Vorhersage jedoch nicht korrekt, werden die Modellparameter leicht angepasst, so dass in der nächsten Iteration auch für dieses Datenobjekt eine korrekte Vorhersage erfolgt. Nach dem Ende des Trainings können Maschinen so auf dem Trainingsdatensatz fast fehlerfrei jedem Objekt eine Dateninformation zuordnen (diese komplexen Modelle können ganze Datensätze sogar auswendig lernen, was nicht unbedingt vorteilhaft ist). Nach dem Training werden die Modelle dann an einem sogenannten Testdatensatz evaluiert; diesen Datensatz hat die Maschine bisher nie gesehen und man kann nun erstmals die Güte des Modells an ungesehenen Datenobjekten prüfen. Hinter solchen KI-Anwendungen stehen also immer Datensätze aus Datenobjekten und Dateninformationen. Im Bereich der Medizin, vor allem der Bildanalytik, sind diese Dateninformationen allerdings eine Herausforderung: Nur ein zahnmedizinischer Experte kann beispielsweise festlegen, ob eben Karies auf einem Bild zu sehen ist oder nicht. Selbst PROF. DR. FALK SCHWENDICKE, MDPH Leiter der Abteilung für Zahnärztliche Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung Centrum 3 für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, Charité – Universitätsmedizin Berlin Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat KI IN DER ZAHNARZTPRAXIS Erste Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz (KI) für die Zahnarztpraxis gibt es inzwischen, doch noch immer herrscht viel Unsicherheit darüber, was KI eigentlich ist und leisten kann. Was können Zahnärztinnen und Zahnärzte vom Einsatz einer KI im Alltag erwarten? Welchen Mehrwert kann ein solches Werkzeug bringen? In der Reihe „KI in der Zahnarztpraxis“ erörtern Experten Fragen zum Verständnis der KI. 78 | ZAHNMEDIZIN
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