Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (670) ZAHNÄRZTETAG WESTFALEN-LIPPE Blick in die Alltagszahnmedizin Wie versorgt man Kreidezähne optimal und wie geht man eigentlich am besten mit persönlichen Belastungssituationen um? Der 67. Zahnärztetag Westfalen-Lippe in Gütersloh widmete sich Herausforderungen, mit denen jeder Praktiker – und Mensch – regelmäßig konfrontiert wird. Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, begrüßte in der Stadthalle Gütersloh rund 400 Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie über 800 virtuell zugeschaltete Gäste zum 67. Zahnärztetag Westfalen-Lippe – erstmals im Hybridformat, nachdem er letztes Jahr als reine online-Veranstaltung verlief und im Jahr 2020 ganz ausfallen musste. EIN KONGRESS IM SCHATTEN DES KRIEGES Rieckesmann betonte in seiner Eröffnungsrede, dass der tiefschwarze Schatten des Krieges in der Ukraine über allem liege und der Kongress vor diesem Hintergrund unwichtig erscheine. Dennoch hätten sich die Veranstalter für eine Durchführung entschieden, denn es gehöre auch in Krisenzeiten zur Pflicht aller Zahnärztinnen und Zahnärzte, ihren Beruf gewissenhaft auszuüben und sich auf den aktuellsten Stand zu bringen. Am ersten Kongresstag führte Prof. Dr. Roland Frankenberger (Marburg) die Zuhörerinnen und Zuhörer durch das Programm. Schwerpunkt am Freitag war die konservierende Zahnheilkunde, mit Vorträgen zu den Themen Kreidezähne, Seiten- und Frontzahnfüllungen mit Komposit, Kariesexkavation, Kinder-Endo, Zahnunfällen und Aligner-Therapie. Ziel war, Generalisten auf den neuesten Wissensstand zu bringen und sie in ihrer täglichen Arbeit zu bereichern – sozusagen ein Blick ins Detail der Alltagszahnmedizin. Wer regelmäßig Kinder behandelt, kommt an der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) unterschiedlicher klinischer Ausprägung nicht vorbei. Prof. Dr. Jan Kühnisch (München) beschrieb das Krankheitsbild, das in Industrienationen eine Prävalenz von zehn bis 20 Prozent aufweist – Tendenz steigend. Typischerweise zeigen sich bei einer MIH Opazitäten von weißer, gelblicher bis bräunlicher Farbe an bleibenden Frontzähnen und Molaren, müssen aber nicht auf diese begrenzt bleiben und können auch im Milchgebiss auftreten. Einige der Kinder haben zudem Schmelzeinbrüche. Trotz intensiver Forschungsbemühungen ist die Ätiologie der MIH Kühnisch zufolge immer noch offen. KOOPERATIONSFÄHIGKEIT IST ENTSCHEIDEND BEI MIH Beobachtet werden diese Hypersensitivitäten demnach vorwiegend bei Kindern unter acht Jahren, wobei vorwiegend die Seitenzähne betroffen sind. Diese Überempfindlichkeiten regulierten sich aber nach der Versorgung, erklärte Kühnisch. Lassen kleinere Kinder diese noch nicht zu, könne man mit kariespräventiven Agentien wie Tooth Mousse oder Elmex sensitive (Arginin-haltig) vorübergehend positive Effekte erzielen. Auch Fissurenversiegelungen könnten die Schmerzempfindlichkeit verbessern. Die meisten MIH-Zähne seien mit klassischen Methoden restaurierbar, entscheidend dabei sei aber immer die Kooperationsfähigkeit der Kinder. Deshalb empfahl Kühnisch zunächst ein vereinfachtes klinisches Management in Abhängigkeit von der Compliance, wie non-invasive, direkte adhäsive Restaurationen mit flowable Komposit. Versorgungen mit Glasionomerzement funktionierten lediglich bei Jost Rieckesmann, Präsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, rief alle Teilnehmenden dazu auf, dem Spendengesuch der KZBV und BZÄK für die Ukraine über das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte zu folgen. 80 | ZAHNMEDIZIN

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