zm112, Nr. 8, 16.4.2022, (740) MKG-CHIRURGIE Diffus sklerosierende Osteomyelitis der Kiefer – eine oft fehlinterpretierte Entität Valentin Wiedemeyer, Nils Heim In der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie am Universitätsklinikum Bonn stellen sich vermehrt Patienten mit einer seltenen chronischen Kieferknochenentzündung vor, die sich hartnäckig therapieresistent zeigt. In der Regel haben die Patienten mehrere zahnärztliche Vorbehandler und langjährige erfolglose Therapieversuche mit aufsteigender Invasivität hinter sich. Hoffnung weckt die Therapie mit antiresorptiven Medikamenten. Bei der Osteomyelitis handelt es sich um ein entzündliches Geschehen des Knochens. Der Begriff Osteomyelitis entstammt den griechischen Wörtern „osteon“ (Knochen) und „muelinos“ (Mark). In der medizinischen Terminologie versteht man unter dem Begriff Osteomyelitis allerdings eine Entzündung des gesamten Knochens unter Einbeziehung von Kortikalis und Periost. Diese Definition trägt dem Umstand Rechnung, dass die Entzündung in der Regel nicht nur das Knochenmark, sondern all diese Strukturen betrifft – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß [Baltensberger, 2013]. Für die Kieferosteomyelitiden wurde bereits eine große Zahl unterschiedlicher Klassifikationen vorgestellt. Unter diesen, zum Teil verwirrenden Klassifikationen ist die Zürich-Klassifikation diejenige, die im klinischen Alltag regelmäßig Anwendung findet, da diese sowohl die klinische Symptomatik als auch den Verlauf der Erkrankung berücksichtigt. Die ZürichKlassifikation unterscheidet drei Typen der Kieferosteomyelitis: die akute, die sekundär-chronische und die primär-chronische Osteomyelitis [Baltensberger, 2013]. Während es sich bei der akuten und der, im zeitlichen Verlauf hieraus entstehenden sekundär-chronischen Osteomyelitis der Kiefer um eine pyogene bakterielle Infektion der Kiefer handelt, liegt der primär-chronischen Form keine bakterielle Infektion zugrunde. Entsprechend der Zürich-Klassifikation wird bei der primär chronischen Osteomyelitis zwischen drei Subtypen unterschieden: einer juvenilen Form („early onset“), einer adulten Form („adult onset“) und den Syndrom-assoziierten Formen [Baltensberger, 2013]. Im klinischen Gebrauch wird der Terminus der „diffus-sklerosierenden Osteomyelitis“(DSO) synonym für die primär-chronische Form verwendet. ÄTIOLOGIE Die DSO der Kiefer ist eine seltene, chronisch inflammatorisch verlaufende Erkrankung mit bislang ungeklärter Ätiologie [Otto et al., 2017; Hallmer et al., 2018]. Symptome dieser Erkrankung sind periodischrezidivierende Schwellungen der betroffenen Kieferareale, die regelmäßig mit Kieferklemme und zum Teil erheblicher Schmerzsymptomatik einhergehen. Diese aktiven Phasen können wenige Tage bis mehrere Wochen dauern und stehen im Wechsel mit symptomfreien Intervallen. Da es sich um ein aseptisch-inflammatorisches Abb. 1: Orthopantomografie einer Patientin mit DSO: Der Stern markiert die für die DSO typische Sklerosierung und damit verbunden höhere Röntgendichte der linken Hemimandibula. Quelle: MKG-Chirurgie, Universitätsklinik Bonn 38 | ZAHNMEDIZIN
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