Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm112, Nr. 8, 16.4.2022, (753) Forscher behelfen sich daher mit der Eingrenzung der relevanten Areale auf einem Bild: So kann Karies beispielsweise nur im Bereich der Zahnhartgewebe vorkommen, die meisten Zahnröntgenbilder weisen jedoch auch umfänglich andere Strukturen wie Knochen auf. Diese Areale auszublenden und dem KI-Modell nur den relevanten Bereich anzubieten, kann die Genauigkeit erheblich steigern. DIE KI ANALYSIERT NUR DAS BILD Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, die KI an möglichst sauber aufbereiteten Daten zu trainieren und zu testen. So ist es beispielsweise in der Bildanalytik oft sehr schwierig, das Vorliegen einer bestimmten Pathologie mit Sicherheit festzustellen, wenn nur das Bild und nicht noch weitere klinische Daten zur Verfügung stehen: Zahnärzte weisen nämlich zur Erkennung von Pathologien wie Karies auf Röntgenbildern Genauigkeiten zwischen 25 und 75 Prozent auf; verschiedene Untersucher kommen sowohl bei der Entscheidung, ob eine Pathologie vorhanden ist, als auch bei der Abschätzung von deren Ausdehnung oft zu verschiedenen Ergebnissen. Ein Bild (als Datenobjekt) nur von einem einzelnen Zahnarzt zur Erstellung der Dateninformation (Karies vorhanden ja/nein) bewerten zu lassen, wird also zu 25 bis 75 Prozent richtig oder falsch sein; das so trainierte KI-Modell wäre am Ende genauso gut wie dieser einzelne Zahnarzt. Um diese Unsicherheit und Variabilität abzufangen, werden oft mehrere erfahrene Experten dasselbe Bild (denselben Datenpunkt) bewerten. Dies hilft, die KI auf einen über den einzelnen Experten hinausgehenden Genauigkeitsgrad zu trainieren. Eine KI, die auf Zehntausenden von Bildern, die durch drei, vier oder fünf Experten analysiert worden sind, trainiert wurde, hat eine gute Chance, genauer zu sein als der einzelne Zahnarzt, schlicht und ergreifend, weil sie auf einem viel größeren Erfahrungsschatz aufbaut. Dies erklärt auch, warum KI gerade in der Hand weniger erfahrener Kollegen große Vorteile bieten kann. Umgekehrt heißt dies nicht, dass eine solche hochtrainierte KI immer recht hat. Die Nutzer sind vielmehr aufgefordert, die KI-Information als Vorschlag zu verstehen, gerade weil der KI ja weitere sinnvolle Informationen, zum Beispiel zum klinischen Befund, nur selten zur Verfügung stehen. Nur unter Einbeziehung dieser Informationen, der eigenen Expertise und des Gesamtbilds kann der Zahnarzt eine valide Diagnose stellen. KI unterstützt, ersetzt jedoch nicht die zahnärztliche Diagnostik! \ Ein Bild allein ist noch keine Diagnose. Künstliche Intelligenz wird die klinische Untersuchung nicht ersetzen können. Quelle: dentalXrai GmbH DR. RER. NAT. JOACHIM KROIS Abteilung für Orale Diagnostik, Digitale Zahnheilkunde und Versorgungsforschung, CharitéCentrum 3 für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde, Charité – Universitätsmedizin Berlin Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 51

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