Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (834) bisher wirklich wirksame gesetzliche Maßnahmen ergriffen wurden.“ Eßer verweist auf ein aktuelles Gutachten, das das Berliner IGES-Institut im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) erstellt hat. Dieses belege eindrucksvoll die Richtigkeit der in der Vergangenheit im Auftrag der KZBV erstellten Gutachten. Auch die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) teile die Sorgen der Ärzteund Zahnärzteschaft und habe in einem Beschluss dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf festgehalten, ergänzt Eßer weiter. „Wir schließen uns den Forderungen an, die bestehenden gesetzlichen Regelungen passgenau fortzuentwickeln.“ Darüber hinaus fordert Eßer, dass für mehr Transparenz und Patientenschutz auf Bundes- und Landesebene ein verpflichtendes Register für MVZ geschaffen werden sollte. Angaben von gesellschaftsrechtlichen Eigentümerstrukturen auf Praxisschild und Website von MVZ müssten verpflichtend werden. „Ein weiteres Abwarten der Politik führt zu unabwendbaren negativen Folgen für die Patientenversorgung in Deutschland“, so Eßer. „ES IST BEREITS FÜNF NACH ZWÖLF!“ Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der BZÄK, fügt hinzu: „Die aktuellen Recherchen des NDR bestätigen, dass es bereits fünf nach zwölf ist. Wenn dort gezeigt wird, wie auf Zahnärztinnen und Zahnärzte in einigen iMVZ massiver Umsatzdruck ausgeübt wird, hat das mit indikationsgerechter Zahnmedizin nichts mehr zu tun, zumal die Zahnärztekammern als Berufsaufsichtsbehörden gegen das Konstrukt iMVZ keine Durchgriffsrechte haben.“ Zahnmedizin sei kein Gewerbe, so Benz, so stehe es schon in §1 des Zahnheilkundegesetzes. Sollte die ungebremste Zunahme von iMVZ weiterhin nicht eingedämmt werden, sei zu befürchten, dass in absehbarer Zeit die zahnmedizinische Versorgung zu einem großen Teil aus renditeorientierten Gesundheitsfabriken bestehe. „Dies sollte die Politik jetzt aufrütteln“, mahnt Benz. Auch die Erkenntnisse der neuen Studie des IGES-Instituts, nach der die iMVZ deutlich höhere Abrechnungszahlen produzieren, sollten Benz zufolge zu einem raschen Umdenken führen. „Die Zahnmedizin in unserem Land ist international auf Spitzenniveau – und das auch ohne Fremdkapital, welches nur zu Umsatzdruck, Überund Fehlversorgung und somit Qualitätsverlust führen wird“, betont der BZÄK-Präsident. „Zahnmedizin ist persönliche Dienstleistung am und für den Menschen und keine Fließbandarbeit.“ pr Weitere Informationen zum Thema iMVZ, darunter zwei Gutachten, sind auf der Website der KZBV unter https://www.kzbv.de/zahnmedizinischeversorgungszentren.1280.de.html abrufbar. Die „Panorama“-Sendung ist in der ARD-Mediathek unter https://www.ndr. de/fernsehen/sendungen/panorama3/ Spekulanten-greifen-nach-Arztpraxen, sendung 1238286.html eingestellt. Das Gutachten der KVB wurde auf der Website der KVB unter https://www. kvb.de/ueber-uns/gesundheitspolitik/ spekulationsobjekt-gesundheit/ veröffentlicht. ÄRZTE KRITISIEREN RENDITEJAGD Auch der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte (Virchowbund) kritisiert eine verschärfte Renditejagd im Gesundheitswesen. Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des Virchowbundes, forderte kürzlich konkrete Gesetzesänderungen ein. Betroffen seien neben Zahnarztpraxen inzwischen auch andere Fachgruppen wie Augenärzte, Radiologen, Nephrologen, Gynäkologen und auch Internisten und Hausärzte. Gleichzeitig gebe es deutliche Hinweise, dass MVZ-Ketten in Investorenhand die Behandlungskosten in die Höhe trieben, ohne die Qualität der Versorgung zu verbessern. Eine Hauptforderung des Virchowbundes sei ein Transparenz-Register für MVZ. Zum zweiten sollten MVZ-Neugründungen nur noch als gGmbH möglich sein. Um bloße Spekulation mit raschen Wiederverkäufen zu verhindern, schlägt der Virchowbund zudem vor, MVZ-Trägern die Zulassung zu entziehen, wenn innerhalb von fünf Jahren die Mehrheit der Gesellschaftsanteile veräußert wird oder die wirtschaftlich berechtigten Personen wechseln. Scharfe Kritik kommt auch von der Ärztekammer Berlin. Sie fordert, die zunehmende Kommerzialisierung in der ambulanten Versorgung zu stoppen. Weiteren Übernahmen von ärztlichen Praxen durch industrielle Fremdinvestoren oder Private-Equity-Gesellschaften sei entschieden entgegenzutreten. 24 | POLITIK

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